Als Voraussetzung für die Erfüllung eines hohen Qualitätsstandards wird neben einer günstigen Fachkraft-Kind-Relation dabei das gut ausgebildete frühpädagogische Personal gesehen. Von Fachkräften, die eine Kindertageseinrichtung leiten, wird erwartet, dass sie einerseits auf dem aktuellen Stand der fachlichen Diskussion um frühkindliche Bildung und Entwicklung sind und anderseits Aspekte von Qualitätsmanagement und Personalführung kompetent zur Weiterentwicklung ihrer Einrichtung nutzen können. Aktuelle Studien verweisen im Kontext des Krippenausbaus jedoch auf einen kaum zu bewältigenden Fachkräftemangel (vgl. Viernickel et al. 2011), der im deutlichen Widerspruch zum Motto "Das Beste für die Kleinsten!" steht. Im vorliegenden Artikel werden daher aktuelle Anforderungen aus der Sicht von Hochschulen diskutiert, die sich auf die Weiterqualifizierung frühpädagogischer Fachkräfte im Hinblick auf eine Leitungsposition in Kindertageseinrichtungen beziehen. Auch aufgrund der steigenden Heterogenität der Studierenden und der damit verbundenen veränderten Bedürfnisse an ein Studium ist dabei zu erwarten, dass berufsbegleitende Formen der Aus- und Weiterbildung zunehmenden Stellenwert erhalten.
Management-Kompetenzen im frühpädagogischen Studium
Mit der steigenden Bedeutung der frühkindlichen Bildung gehen Veränderungsprozesse in der Qualifizierung pädagogischer Fachkräfte einher. Neben der Ausbildung an Fachakademien und Fachschulen existieren bundesweit inzwischen mehr als 70 Bachelor- und Masterstudiengänge, die sich im Bereich Frühpädagogik und Frühförderung ansiedeln. Mittlerweile werden Änderungen in den Hochschulgesetzen der Länder initiiert, die den Absolventen/innen dieser Studiengänge unter bestimmten inhaltlichen Voraussetzungen die staatliche Anerkennung (analog zur Ausbildung der Erzieher/innen) bescheinigen. Für die Absolventen/innen frühpädagogischer Studiengänge befürwortet die JFMK die bundeseinheitliche Berufsbezeichnung "staatlich anerkannte Kindheitspädagogin/staatlich anerkannter Kindheitspädagoge". Dies spiegelt die Fachlichkeit wider, die dem Fachkräftegebot in der Kinder- und Jugendhilfe entspricht (vgl. JFMK 2011). Daneben existieren mittlerweile auch Beispiele, die die Durchlässigkeit von Fachschule und Hochschule im Kontext frühpädagogischer Ausbildung dokumentieren (vgl. Cloos 2011).
Die Robert Bosch Stiftung (2008) legt einen Orientierungsrahmen vor, der eine Arbeitshilfe für die inhaltliche Ausgestaltung der frühpädagogischen Hochschullandschaft darstellt. Der Orientierungsrahmen "Frühpädagogik studieren" geht dabei auf das Programm "PIK"-Profis in Kitas, Professionalisierung von Frühpädagogen in Deutschland, zurück. Zusammen mit fünf federführenden Partnerhochschulen (Alice Salomon Hochschule Berlin, Universität Bremen, Technische Universität Dresden, Evangelische Fachhochschule Freiburg, Fachhochschule Koblenz) wurden Bildungsinhalte sowie Lehr- und Lernmethoden für frühpädagogische Studiengänge erarbeitet. Unter anderem münden die Überlegungen in Bausteinen, die das "Spektrum relevanter Bildungsinhalte für frühpädagogische Studiengänge in den Bereichen Grundlagen der Frühpädagogik, Bildungsbereiche, Arbeitsfeld und Institution und praktische Studien" (Robert Bosch Stiftung 2008, S. 12) abbilden.
Die kompetenzorientierten Bausteine verstehen sich dabei nicht als verpflichtendes Kerncurriculum, sondern bilden Qualifizierungsbereiche und deren Zielsetzungen sowie mögliche Lehr-Lernsettings für frühpädagogische Studiengänge exemplarisch ab. Der Qualifikationsrahmen Frühpädagogik skizziert ein Anforderungsprofil für frühpädagogische Fachkräfte, welches Qualifikationen umfasst, die nach einem erfolgreich abgeschlossenen Studium der Frühpädagogik erworben sein sollen.
Die Voraussetzungen für die Weiterentwicklung einer qualitativ hochwertigen kindheitspädagogischen Praxis werden dabei in einem Konzept von Management gesehen, das sich am Erziehungs-, Bildungs- und Betreuungsauftrag der Kindertageseinrichtungen orientiert. In Baustein 25 des Orientierungsrahmens werden entsprechend die Qualifikationsziele formuliert, die die Absolventen/innen in diesem Zusammenhang erreichen sollen (Robert Bosch Stiftung 2008): Sie kennen die allgemeinen und berufsfeldspezifischen wissenschaftlichen Grundlagen und Methoden der Organisations- und Managementlehre, insbesondere in den Bereichen Marketing und Finanzierung. Die Studierenden können allgemeine und spezifische Managementmodelle auf den Kindertagesbereich übertragen und sinnvoll mit Bildung, Erziehung und Betreuung verbinden. Sie setzen ihr Wissen und Verständnis gezielt für die kritische Analyse von Rahmenbedingungen und für die Identifizierung typischer Handlungsanforderungen bezüglich Organisation und Management in ihrem Arbeitsfeld ein. Sachliche und personelle Ressourcen für die Umsetzung von Planung und Konzeption können von den Absolventen/innen eingeschätzt sowie realisierbare Finanzierungsstrategien entwickelt werden. Konzepte zur Vernetzung sind bekannt und können geplant, umgesetzt und reflektiert werden.
Die dargestellten Ziele sollen auf der Grundlage folgender Bildungsinhalte erreicht werden (Robert Bosch Stiftung 2008, S. 156):
- Grundlagen allgemeiner und spezieller Managementtheorien
- rundlagen der sozialräumlichen Netzwerkarbeit
- Überblick über die plurale Trägerlandschaft sowie deren Trägersysteme und -strukturen
- Kenntnisse in Bedarfsplanung und Entwicklung von Vernetzungsstrategien im Sozialraum (Vernetzung und Kooperation mit anderen Kindertages- und Bildungseinrichtungen, Zusammenwirken im Gemeinwesen, interdisziplinäre Arbeit mit Jugendhilfestationen, Zusammenarbeit zwischen Kindertageseinrichtungen (Kinder- und Jugendhilfe sowie Grundschule))
- Ausgewählte Methoden und Instrumente der Organisationsentwicklung unter besonderer Berücksichtigung ihrer Verwendbarkeit im Bereich der Kindertageseinrichtungen und im Schulmanagement
- Finanzierung von Kindertageseinrichtungen
- Controllingsysteme und -instrumente
- Marketing, Öffentlichkeitsarbeit, Sponsoring und Fundraising
Die Studierenden sollen in ihrem Studium Methoden und Instrumente der Organisationsentwicklung kennen gelernt haben, zu denen u.a. Projektmanagement, Teamarbeit und Teamentwicklung, Supervision und kollegiale Beratung sowie Beschwerdemanagement gehören.
Sie sind umfassend mit Ansätzen des Qualitätsmanagements vertraut, die in Baustein 26 weiter vertieft werden. Der Bereich der Qualitätsentwicklung wird dabei als eine zentrale Leitungsaufgabe verstanden, da er Schnittstellenkompetenzen umfasst, die sich auf aktuelle Leitbilder frühkindlicher Bildung und Entwicklung und deren Umsetzung in der Personal- und Konzeptentwicklung beziehen (vgl. ebd.).
Insgesamt ist herauszustellen, dass die im Orientierungsrahmen formulierten Ansprüche im Zusammenhang mit der Leitung einer Kindertageseinrichtungen als sehr hoch beschrieben werden können. Die Studierenden müssen eine Vielzahl an Kompetenzen erwerben, um den Anforderungen gerecht werden zu können, die mit einer Leitungsposition in frühpädagogischen Einrichtungen einhergehen. Die curricularen Empfehlungen spiegeln die fachliche Diskussion um die Bedeutung einer hohen Qualität für frühkindliche Bildungsprozesse realistisch wider und unterstreichen den Bedarf an kompetenten Führungskräften. Gleichzeitig müssen Absolventen/innen der frühpädagogischen Bachelorstudiengänge die Möglichkeit erhalten, die im Studium erworbenen Kompetenzen in der beruflichen Praxis erproben und reflektieren zu können.
Leitungsverantwortung in der Frühpädagogik
Exemplarisch soll hier auf die akademische Weiterbildung frühpädagogischer Fachkräfte der PH Karlsruhe in Zusammenarbeit mit dem Paritätischen Bildungswerk bzw. der Paritätischen Akademie Süd verwiesen werden. Mit der Weiterbildung soll dem Bedarf an akademisch ausgebildeten Fach- und Führungskräften, die fachlich und methodisch in der Lage sind den gestiegenen Herausforderungen innerhalb der Frühpädagogik zu begegnen und die Prozesse in der Leitung von Kindertageseinrichtungen aktiv zu gestalten, entsprochen werden. Die Weiterbildung vermittelt wissenschaftlich fundierte Kenntnisse und Fähigkeiten in folgenden Bereichen: Berufsfeldspezifische Grundlagen, professionelles Handeln als Leitungsperson, Grundlagen in den Bildungsbereichen, Kooperationen, Transitionen, Bildungsmanagement, Methodenlehre und Praxisforschung, Partizipation und Gesundheit, Diversität, Antidiskriminierung, Inklusion und kulturelle Bildung.
Die Module orientieren sich an der im grundständigen Bachelorstudiengang Pädagogik der Kindheit und weisen Kompetenzen aus, wie sie auch im oben genannten Orientierungsrahmen Frühpädagogik studieren formuliert werden. Über die wissenschaftliche und inhaltliche Qualifikation hinaus dient die Weiterbildung insbesondere dem Erwerb von persönlichkeitsbezogenen Schlüsselqualifikationen und Reflexionskompetenzen für die Übernahme von Personalführungsaufgaben. Derzeit nehmen 20 staatlich anerkannte Erzieherinnen an der Weiterbildung teil, die eine mehrjährige Berufspraxis aufweisen können und überwiegend bereits in Leitungsverantwortung stehen. Die berufsbegleitende Weiterbildung ist ein Qualifizierungsangebot innerhalb des Projekts ERiS (Erfolgschancen in der Sozialwirtschaft), welches von der Europäischen Union mittels des Europäischen Sozialfonds über das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gefördert wird.
Aus den ersten Erfahrungen innerhalb der akademischen Weiterbildung wird das hohe Potenzial deutlich, das in der Weiterqualifizierung von Fachkräften liegt, die bereits eine Leitungsposition innehaben oder dies aus ihrer aktuellen Tätigkeit in der frühpädagogischen Praxis heraus anstreben. Im Beruf und in Fortbildungen erworbene Kompetenzen im Bereich Management und Qualitätsentwicklung können im akademischen Kontext neu überdacht, mit anderen Konzepten verglichen und schließlich in adaptierter Form in die Praxis umgesetzt werden. Die forschende Haltung, die in allen frühpädagogischen Studiengängen eine zentrale Bedeutung einnimmt, ermöglicht in diesem Zusammenhang die Präzisierung und Analyse von Fragestellungen aus der Praxis, die theoriebasierte kritische Auseinandersetzung mit Qualitäts- und Managementkonzepten und deren empirisch fundierte Evaluation. Auf der Grundlage der Kombination berufsfeldspezifischer Kenntnisse und der fachlichen Weiterqualifizierung an einer Hochschule ist eine Kompetenzerweiterung zu erwarten, die den eingangs erwähnten Anforderungen des Kita-Managements entspricht.
Perspektiven der Weiterqualifizierung an der Hochschule
Neben der in den grundständigen Bachelorstudiengängen bereitgestellten Möglichkeit individueller Äquivalenzfeststellungsverfahren für die Anrechnung von Kompetenzen, die in der Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin erworben wurden, müssen zukünftig auch Verfahren Erprobung finden, die beruflich qualifizierten Fachkräften Zugangswege zu einer akademischen Ausbildung bereitstellen. Beim Zugang zum Studium werden in Deutschland jedoch Mechanismen der sozialen Selektion wirksam: Während mit 71 Prozent die Mehrheit der Kinder aus Akademikerfamilien ein Studium beginnt, trifft dies nur auf 24 Prozent der Kinder von Nichtakademikern zu (Heine 2010). Der Anteil Studierender ohne eine formale Hochschulzugangsberechtigung liegt Nickel und Leusing (2009) zufolge dabei bei weniger als 1 Prozent. Der in der derzeitigen und zukünftigen Praxis erkennbare Fachkräftemangel verstärkt den Bedarf an der akademischen Weiterbildung von ausgebildetem Personal aus der Berufspraxis. So ist zu erwarten, dass sich das Bild der Studierenden an den Hochschulen deutlich verändern wird und traditionelle akademische Berufsbiographien (Schule, Studium, Beruf) Veränderungsprozessen unterlegen sind. Hochschulen werden sich aktuell und zukünftig darauf einstellen müssen, dass die Studierenden Ansprüche im Kontext der Vereinbarkeit von Familie und Beruf geltend machen und in der Konsequenz auch die traditionellen Formen der Präsenzlehre neu überdacht werden müssen.
Mit Bezug auf die frühpädagogischen Studiengänge in Baden-Württemberg sieht das Landeshochschulgesetz in seiner aktuellen Fassung vor, dass neben der klassischen Hochschulzugangsberechtigung auch eine fachspezifische Zugangsberechtigung erteilt werden kann, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. MWK 2010). Nach Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK 2002) können dabei die Kenntnisse und Fähigkeiten, die außerhalb einer Hochschule erworben wurden, angerechnet werden, wenn die für den HS-Zugang geltenden Voraussetzungen gewährleistet werden und sie nach Inhalt und Niveau dem Teil des Studiums gleichwertig sind, der ersetzt werden soll. Darüber hinaus müssen die inhaltlichen Kriterien für die Anerkennung von Studienleistungen überprüft werden. Deutschlandweit existieren in diesem Zusammenhang zwar Forschungslücken, allerdings verweisen Erkenntnisse aus einzelnen Projekten und Initiativen (z.B. die Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, ANKOM) auf Möglichkeiten zur Anrechnung beruflicher Kompetenzen auf Hochschulstudiengänge.
Fazit
Aus Sicht der kindheitspädagogischen Studiengänge kann man auf die neue Vielfalt an Studierenden und die Möglichkeiten und Bedarfe gespannt sein, die sich insbesondere im Bereich der Kooperation mit Fachschulen im Sinne der Herstellung von Durchlässigkeit ergeben.
Literatur
Cloos, P. (2011). Vertikale Durchlässigkeit in der Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern in Niedersachsen. Verfügbar unter: http://www.fruehe-kindheit-niedersachsen.de/index.php?id=57 (letzter Zugriff: 9. November 2011).
Heine, C. (2010). Soziale Ungleichheiten im Zugang zu Hochschule und Studium. Verfügbar unter: http://www.boeckler.de/pdf/p_arbp_213.pdf (letzter Zugriff: 9. November 2011).
JFMK (2011). Staatliche Anerkennung von Bachelorabschlüssen im Bereich der Kindertagesbetreuung und Berufsbezeichnung. Verfügbar unter: http://www.jfmk.de/Downloads/__ffentliche_Beschl__sse_JFMK/TOP_7_2_endg__ltig.pdf (letzter Zugriff: 17. Oktober 2011).
KMK (2010). Ländergemeinsame Strukturvorgaben für die Akkreditierung von Bachelor und Masterstudiengängen (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 10.10.2003 in der Fassung vom vom 04.02.2010). Verfügbar unter: http://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2003/2003_10_10-Laendergemeinsame-Strukturvorgaben.pdf (letzter Zugriff: 10. November 2011).
MWK (2010). Information über den Zugang beruflich Qualifizierter zu einem Studium nach den Bestimmungen des Landeshochschulgesetzes (LHG) sowie der Berufstätigenhochschulzugangsverordnung (BerufsHZVO). Verfügbar unter: http://mwk.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/pdf/studium/Hochschulzugang/FAQ_Hochschulzugang_f%C3%BCr_beruflich_Qualifizierte.pdf (letzter Zugriff: 10. November 2011).
Nickel, S. & Leusing, B. (2009). Studieren ohne Abitur: Entwicklungspotenziale in Bund und Ländern. Verfügbar unter: http://www.che.de/downloads/CHE_AP123_Studieren_ohne_Abitur.pdf (letzter Zugriff: 10. November 2011).
Robert Bosch Stiftung (2008). Frühpädagogik Studieren - ein Orientierungsrahmen für Hochschulen. Verfügbar unter: http://www.bosch-stiftung.de/content/language1/downloads/PiK_orientierungsrahmen_druckversion.pdf (letzter Zugriff: 17. Oktober 2011).
Viernickel, S., Nentwig-Gesemann, I., Harms, H., Richter, S. & Schwarz, S. (2011). Profis für Krippen. Curriculare Bausteine für die Aus- und Weiterbildung frühpädagogischer Fachkräfte. Freiburg: FEL.