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Durch gelungene Selbstführung zur ausgeglichenen Führungskraft

Die Haltung macht's – Als Leitung einer Kindertagesstätte haben wir folgende Situation sicherlich alle schon einmal erlebt: Wir haben eigentlich heute einen Büro-Tag geplant, doch dann meldet sich eine Kollegin krank. So gehen wir also in den Gruppendienst und möchten uns auf die Kinder fokussieren. Doch das Telefon klingelt, E-Mails wollen beantwortet werden, das Gespräch mit einer Mutter steht auch noch an und irgendwie sind wir an keiner Stelle zu 100%. Diese Situation lässt sich nicht unmittelbar im Außen lösen, die Anforderungen sind da und wir werden in den unterschiedlichen Rollen unserer Position gebraucht. Dennoch lässt sich an dieser Situation etwas ändern, und zwar unsere eigene innere Haltung zu ihr. Und dadurch auch unser Verhalten.

Eine positive Haltung der Führungskraft wirkt sich auf ihre Umwelt aus.

Eine positive Haltung der Führungskraft wirkt sich auf ihre Umwelt aus

Es beginnt hier also alles bei uns selbst, und unsere grundlegende Haltung sowie die eigene Sichtweise entscheiden über den Umgang mit neuen Anforderungen.

Selbstführung als Grundlage

In diesem Zusammenhang ist der Begriff der Selbstführung wesentlich. Hierdurch lassen sich Selbstreflexion sowie Selbstorganisation fördern. Durch eine gesunde Selbstführung können wir achtsamer mit uns als Person und anderen umgehen. Gerade als Führungskraft schaffen wir es so, eigenverantwortlich zu handeln sowie angemessen in unterschiedlichen Situationen zu reagieren. Die eigene Aufmerksamkeit lässt sich wieder auf uns selbst lenken und die Eigenmotivation wird gefördert. Außerdem können Vorteile von effektiver Selbstführung sein: Flexibilität in Veränderungsprozessen, erhöhte Durchsetzungs- sowie Handlungsfähigkeit, Effektivität in selbst gesetzten Zielen, Stärkung der eigenen Vorbildfunktion durch ein authentisches Auftreten und eine Steigerung des eigenen Wohlbefindens durch mehr Souveränität und Gelassenheit.

Selbstführung bedeutet soviel wie Selbstreflexion, Selbstmanagement, Selbstorganisation oder Selbstregulierung. Es handelt sich hierbei um den eigenen Blick nach innen.

Die Dimension der Gedanken

Die erste Dimension befasst sich mit unseren Gedanken sowie dem Schaffen positiver Sichtweisen. So starten Optimist*innen mit einer positiven Grundhaltung entspannter in den Tag, sehen Herausforderungen als Chance an und sind grundlegend stressresistenter. Es geht hier nicht um ein naives Wunschdenken, sondern ein gesunder Optimismus zeichnet sich gerade dadurch aus, dass Situationen realistisch betrachtet und Denkweisen in eine positive Richtung gelenkt werden. So sind sich Optimist*innen darüber bewusst, dass belastende Situationen zeitlich begrenzt sind und wieder vorüber gehen. Zum anderen nehmen sie jede einzelne Situation differenziert wahr und unterwerfen sich nicht feststehenden Mustern.

Als letzter wesentlicher Aspekt ist bei Optimist*innen die Zuschreibung zu nennen. So nehmen sie herausfordernde und belastende Situationen nicht persönlich, sondern betrachten diese getrennt von sich als Person.

Schauen wir nun erneut auf die eingangs beschriebene Sachlage, können wir feststellen, dass wir diese durch eine optimistische Grundhaltung sowie das Einnehmen unterschiedlicher Blickwinkel und einen wertschätzenden Umgang mit uns selbst beeinflussen können. Sehen wir sie als zeitlich begrenzt, versuchen das Positive zu erkennen und nehmen es nicht persönlich, lässt sich die Herausforderung meistern. So sollten wir lernen, unsere negativen Gedankenmuster zu erkennen und durch konstruktive zu ersetzen.

Praxisübung

Beobachten Sie sich in den folgenden Tagen und schreiben Sie immer auf, wann negative Gedanken aufkommen. Einfach nur sammeln. Am Ende des Tages oder der Woche setzen Sie sich über ihre Liste und schauen, wann diese negativen Gedanken aufkamen. Dann schauen Sie, welche positiven Aspekte und Muster Sie daran erkennen können und sich die Situation/Sichtweise in Zukunft umdeuten lässt.

Reframing

Das Umdeuten und somit Erkennen positiver Aspekte nennt sich Reframing und kommt aus der Psychologie. Hier geht es darum, unterschiedliche Situationen und als problematisch empfundenes Verhalten einer Person umzudeuten.

Bei dem Fokus auf die eigenen Gedanken sind das Erkennen der eigenen Ressourcen, Stärken und auch Grenzen von wesentlicher Bedeutung. Häufig sind wir als Führungskräfte z.B. der Ansicht, dass wir immer die ersten am Morgen und auch die letzten am Abend in der Einrichtung sein müssen, dass wir immer sofort für unsere Mitarbeiter*innen da sein müssen und erstmal für die anderen handeln und uns erst später um uns selbst kümmern. Doch wenn wir uns nicht vorerst um uns selbst kümmern, können wir uns auch nicht um andere kümmern. Erst wenn wir uns selbst lieben, können wir andere lieben, und erst, wenn wir uns selbst führen können, können wir andere führen. Als Führungskräfte haben wir eine Vorbildfunktion. Erwarten wir von unseren Mitarbeiter*innen, dass sie auf sich und ihre Gesundheit achten? Dass sie ihre Bedürfnisse und Grenzen kennen und äußern? Dass sie auf eine klare Kommunikation achten und Kritikfähigkeit mitbringen? Dann sollten wir genau das vorleben und somit im ersten Schritt bei uns beginnen.

Die Bereiche der Gefühle und der Entwicklung

Diese Bereiche stellen zum einen das Fühlen dar, sodass wir Dinge loslassen können, die uns mental abhängig machen oder demotivieren. So ist es auch hier von großer Bedeutung, die eigenen Ressourcen zu erkennen und um seine Ziele und Grenzen zu wissen.

Zum anderen ist hier die Entwicklung wesentlich und befasst sich mit der Selbstwirksamkeit, dem Erkennen der eigenen Grenzen und dem Schaffen von Ausgleich zu stressigen Situationen. Wir hören gut in uns hinein, lernen uns selbst sowie die eigenen Gefühlswelt kennen und können uns somit immer weiter entwickeln.

Das Verhalten

Das eigene Verhalten spiegelt sich nun in den konkreten Handlungen wider. Wie bereits genannt, ist eine transparente Kommunikation und das Einstehen für die eigenen Bedürfnisse und Grenzen wesentlich.

Was bedeutet dies nun für die zu Beginn geschilderte Situation? Wir sind heute in den Gruppendienst gegangen statt ins Büro und unterstützen somit unsere Kolleg*innen. Wir sind gestresst, da viele Anforderungen auf uns einströmen, und wir fragen uns, wie wir diese Ausgangslage beeinflussen können. In einer ruhigen Minute sprechen wir uns ab und gehen kurz ins Büro. Hier schauen wir, was an dem Tag geplant war und priorisieren: Was kann bis morgen warten und was muss heute erledigt werden? Muss das wirklich heute erledigt werden oder denke ich nur, dass es das muss? Wenn ich hier zu dem Ergebnis komme, ja das muss erledigt werden: Ich plane ein Zeitfenster und schaffe mir dieses im Laufe des Tages. Vielleicht kann ich etwas davon delegieren? Vielleicht lässt sich ein Termin doch verschieben, da ich klar kommuniziere, dass es aufgrund von Dringlichkeit in der Gruppe nicht möglich ist? Wenige Minuten Zeit, klares Priorisieren, transparente Kommunikation und Ruhe helfen in dieser Situation maßgeblich. So können wir nach wenigen Minuten und mit wenig Zeitaufwand entspannter in die Gruppe zurückgehen und ganz bei den Kindern sowie dem Team sein. Und wenn die nächsten Anfragen (Tür-und-Angel-Gespräch, Telefon) kommen, kann man sagen: »Da ich heute in der Gruppe bin und mich ganz auf die Kinder konzentrieren möchte, kann ich heute nicht so ausführlich mit Ihnen sprechen. Das können wir jedoch sehr gerne nachholen«. Und vielleicht lässt sich sogar noch der Anrufbeantworter einschalten.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass das Thema Selbstführung als Führungskraft von großer Bedeutung ist. Wir strahlen unsere Grundhaltung aus und diese hat eine Wirkung auf unsere Umwelt und auf uns selbst. So erreichen wir durch eine positive sowie konstruktive Einstellung wesentlich mehr, als wenn wir schon genervt in den Arbeitstag starten. Die Bereiche Selbstwert, Selbstwahrnehmung, Selbstwirksamkeit und Selbststeuerung sind ebenfalls alles Bereiche der Persönlichkeitsentwicklung. Diese ist nie abgeschlossen und benötigt immer wieder Aufmerksamkeit und Reflexion. Wollen wir ein Team führen, müssen wir erst uns selbst führen.

Literaturhinweise

Sommer, D./Kuhn, D./Milletat, A./Blaschka, A./Redetzky, C. (2014): Resilienz am Arbeitsplatz. Frankfurt am Main: Mause-Verlag.

Horn, S./Seth, M. (2015): Resilienz im Job. Was wir brauchen, was uns guttut. Freiburg im Breisgau: Herder Verlag.

Covey, S. R. (2019): Die 7 Wege zur Effektivität. Offenbach: GABAL Verlag.