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Gelassen und sicher mit Stress und Leistungsdruck im Leitungsalltag umgehen

Gesund und zufrieden trotz stressigem Kita-Alltag - Wie managen Sie Ihren Alltag? Nehmen Sie sich ausreichend Zeit für Erholungspausen? Als frühpädagogische Fachkraft stemmen Sie ein immenses Arbeitspensum unter ungünstigen Arbeitsbedingungen. Daher ist es wichtig, bei der Arbeit auf sich zu achten und Selbstfürsorge zu lernen.

Mit Stress umgehen lernen im Kita-Alltag

© Dirima

Längst hat sich die Kita-Leiterin zur Kita-Managerin entwickelt. Vielfältige Arbeitsanforderungen und (Leistungs-)Erwartungen stehen an der Tagesordnung. Inzwischen fühlen sich viele Kitaleitungen durch den Leistungsdruck, die Mehrarbeit und schlechten Rahmenbedingungen in der Praxis gestresst. Zunehmend geraten sie an die Grenzen ihrer Belastbarkeit. Die 2012 durchgeführte Studie „Kompetenz und Zufriedenheit von niedersächsischen Erzieherinnen“ deutet auf das Ausmaß der psychischen Belastung. Von den 784 befragten Kita-Mitarbeiterinnen hatten 185 Fachkräfte aufgrund emotionaler Erschöpfung Behandlungsbedarf oder zählten sich zumindest zur Risikogruppe (Schneewind et al., 2012). Oft ist es zu spät, bis auffällt, dass etwas falsch gelaufen ist. Dann streiken bereits der Körper und die Seele (z.B. Kopfschmerzen, Tinnitus, Unwohlsein).

In diesem Beitrag erfahren Sie ...

  • ... wie Sie bei der Arbeit dem Stress durch ein durchdachtes Zeitmanagement vorbeugen,
  • ... auf welche Art und Weise Sie sich erholen und
  • ... im Kita-Alltag für sich selbst sorgen können. Dabei liegt es mir fern, Ihnen Patentrezepte mit auf den Weg zu geben. Vielmehr lade ich Sie ein, Ihr bisheriges Arbeiten und Erholen zu reflektieren. Darüber hinaus möchte ich Sie für die Selbstfürsorge und innere Achtsamkeit sensibilisieren.

Arbeitsplatz im Büro:

z.B. Telefonnummern und Adressen von Institutionen/Mitarbeiterinnen an einem Ort aufbewahren; Anrufbeantworter anstellen, wenn Sie inhaltlich arbeiten oder Gespräche mit Eltern führen; ein Schild mit der Information „Ich telefoniere gerade. Bitte erst ab 11.20 Uhr eintreten!“ an der Bürotür anbringen, wenn Sie ungestört arbeiten wollen.

Elternkontakte:

z.B. feste Elternabende einrichten, an denen den zukünftigen Eltern die Kita abends gezeigt wird und Fragen beantwortet werden; feste Sprechzeiten für Eltern einrichten.

Teamsitzungen:

z.B. zeitlichen Rahmen setzen, dem Team mitteilen und einhalten (z.B. Wecker stellen zur Erinnerung, wenn Halbzeit der Teamsitzung ist); Agenda mit Besprechungspunkten vorab anlegen und nach Wichtigkeit sortieren (z.B. Flipchart); Teamsitzung stichpunktartig von einer Mitarbeiterin protokollieren lassen; Besprechungen lösungsorientiert leiten; auf das Wesentliche konzentrieren/privaten Schwatz auf den Feierabend verschieben.

 

Tabelle 1: Praxistipps für das Zeitmanagement aus der Erfahrungswelt anderer Kita-Leitungen

Gesund und handlungsfähig in der Kita

Gesundheit ist eine wesentliche Voraussetzung, um den (Arbeits-)Alltag aktiv mitzugestalten und die täglich neuen Anforderungen zu bewältigen. Sie ist ein wertvolles Gut, das es zu erhalten und fördern gilt. Das klingt einfach, ist es aber manchmal nicht. Denn der Berufsalltag ist voller kleiner und größerer Stressereignisse. Laut Roming (2013) ist „[e]in gewisses Maß an Anspannung und Aufregung ... notwendig, damit wir die gewünschten Leistungen und Reaktion abrufen können“ (S. 22). Problematisch wird es erst, wenn eine an sich gute körperliche Reaktion zu oft, zu intensiv und dauerhaft ausgelöst und der (An-)Spannungszustand als unangenehm erlebt wird. Das hat dann negative Folgen für die Gesundheit (vgl. Roming, 2013).

Dem Stress vorbeugen – Prüfen Sie Ihr Zeitmanagement

Um dem Stress bei der Arbeit vorzubeugen, hilft es, das eigene Zeitmanagement zu überdenken und (neue) Handlungsstrategien zu entwickeln. Allerdings sollten die Zeitmanagement-Methoden, die sich bewährt haben, beibehalten werden. Denn Veränderungen bringen Bewegung und damit Unruhe in die Arbeitsabläufe der Kita. Zudem erfordern Veränderungen, alte Gewohnheiten abzuschaffen. Das kostet viel Zeit und Kraft: Was läuft gut? Wie teile ich mir meine Zeit ein? Was sind meine „Zeitfresser“? Wodurch lasse ich mich schnell ablenken? Sobald Sie wissen, wie Sie Ihre Zeit verplanen, können Sie gezielt Abläufe optimieren. Dabei ist zu beachten, maximal zwei Veränderungen auf einmal umzusetzen. Auf welche Weise Sie sich und Ihre Arbeitszeit strukturieren können, zeigen die in Tabelle 1 aufgeführten Praxistipps anderer Kita-Leitungen. Womöglich beachten Sie einige Tipps in Ihrer Praxis bereits. Vielleicht ist aber auch die eine oder andere interessante Neuheit dabei.

To-Do Liste schreiben und Aufgaben priorisieren

Eine weitere, oft unterschätzte, aber hilfreiche Methode des Zeitmanagements ist die To-Do Liste . Erstellen Sie kurz vor dem Feierabend eine To-Do Liste für den nächsten Arbeitstag. Bestenfalls sortieren Sie die Aufgaben sofort nach ihrer Wichtigkeit. Das Verfassen einer To-Do Liste nimmt zu diesem Zeitpunkt wenig Zeit in Anspruch, da Sie gedanklich noch mitten im Arbeitsprozess stecken. Darüber hinaus hat die To-Do Liste weitere Vorteile: Erstens können Sie nach der Arbeit besser abschalten, wenn die Aufgaben bereits verschriftlicht sind – der Kopf ist frei. Zweitens sehen Sie Schwierigkeiten und Probleme, die am Vortag schwer lösbar erschienen, am nächsten Tag oft aus einer anderen Perspektive. Das liegt daran, dass das Unterbewusstsein auch in der Freizeit an Lösungen „arbeitet“. Und drittens beginnen Sie die Arbeit am nächsten Tag viel motivierter, weil Sie die Aufgaben bereits strukturiert im Kopf und auf dem Papier stehen haben.

Öfter mal nein sagen und Grenzen ziehen

Zum gesunden Zeit- und Selbstmanagement in der Kita-Praxis gehört auch die Fähigkeit, „Nein“ zu sagen. Das klare Grenzen ziehen schützt vor (Selbst-)Überlastung. Forderungen und Bitten von Mitarbeiterinnen oder Kolleginnen abzulehnen, ist jedoch für viele Kita-Leitungen ein schwieriges Unterfangen. Manchmal verbirgt sich dahinter die Angst vor Konflikten oder Zurückweisung (Nuber, 2013). Was genau hindert Sie bisher in Ihrer Berufspraxis daran, „Nein“ zu sagen? In welchen Arbeitssituationen fällt Ihnen dagegen das „Nein“ sagen leicht? Die Schritt-für-Schritt Anleitung 1 soll Ihnen beispielhaft veranschaulichen, auf welche Weise Sie sich abgrenzen und für sich sorgen können.

Schritt-für-Schritt Anleitung 1: „Nein“ sagen

  1. „Nein“ sagen: „Vielen Dank für Ihre/Deine Anfrage, aber ich kann gerade nicht.“; „Heute müsst Ihr ohne mich auskommen.“
  2. „Nein“ begründen: Führen Sie Gründe an, weshalb Sie z.B. nicht mitarbeiten können (Der Fragende hat eine Erklärung und weiß woran er ist. Sie entwickeln kein schlechtes Gewissen.)
  3. Alternative bzw. Gegenvorschlag anbieten: Sind Sie bereit, dem Gegenüber einen Ausgleich anzubieten? Verweisen Sie ansonsten auf eine Mitarbeiterin oder andere Experten/Expertinnen außerhalb der Kita (z.B. Beratungsstelle, Kinderarzt).

Instruktion:

  • Bleiben Sie in der Situation freundlich, aber unnachgiebig.
  • Zeigen Sie keinen „vorauseilenden Gehorsam“.
  • Begründen Sie Ihre Ablehnung mit sachlichen Argumenten.
  • Suchen Sie im Nachhinein das Gespräch mit z.B. der Mitarbeiterin, den Eltern, dem Träger, ... um eine langfristige Lösung zu erarbeiten und häufigere Konfrontationen zu vermeiden (Schneewind, Föhring & Chiles, 2011, S. 32).

Atemübung

Zu dieser Atemübung können Sie sich entweder hinstellen oder aufrecht hinsetzen. Atmen Sie tief ein. Schließen Sie anschließend mit dem Daumen der rechten Hand den rechten Nasenflügel und atmen Sie durch das linke Nasenloch aus. Dann atmen Sie durch das linke Nasenloch ein und schließen mit dem rechten Ringfinger anschließend den linken Nasenflügel. Halten Sie kurz den Atem an. Danach lösen Sie den Daumen und atmen durch das rechte Nasenloch aus. Wiederholen Sie diese Atemübung mehrmals im Wechsel (vgl. Greine, 2008, S. 154).

Die Kunst, sich zu erholen

Damit sich unser Organismus nach körperlichen oder geistigen Anstrengungen erholt, müssen wir ihm ausreichend Gelegenheit geben, sich zu regenerieren. Fehlen Zeiten für Erholungspausen werden die Kraftreserven aufgebraucht und die Leistungsfähigkeit verringert sich. Laut Heiko Ernst beginnt Erholung „mit einer Selbstreflexion des eigenen Lebens und Arbeitens“ (2014, S. 3): Wie gelingt es mir, auszuspannen? Wobei lade ich meine Akkus wieder auf? Wann gestatte ich mir, faul zu sein? Wie fühlt sich richtige Erholung bei mir an? Diese Reflexionsübung dient dazu, sich der Erholung und Regeneration dienenden Situationen und Verhaltensweisen bewusst zu werden. Denn laut dem „Erholungstest“ der AOK, weiß nur noch jeder Zehnte der 48.000 befragten Berufstätigen in Deutschland, was ihm in der Freizeit Erholung verschafft und guttut (vgl. Ernst, 2013).

Allerdings gehören regelmäßige Zeiten für Erholung und Selbstfürsorge ebenfalls in den Berufsalltag. Zu den beliebtesten Entspannungsmethoden in der Pause gehören z.B. das Dehnen und Räkeln, die Beine hochlegen, den Körper durchschütteln, Yoga- oder Atemübungen. Die nachfolgende Schritt-für-Schritt Anleitung 2 veranschaulicht, wie Sie sich mit einer ausgewählten Atemübung in der Pause entspannen und Ihren Körper kräftigen können.

Selbstfürsorge im Kita-Alltag

Aus der Erfahrungswelt anderer Kita-Leiterinnen stammt eine weitere Möglichkeit, wie Sie im Kita-Alltag auf sich selbst achten können – Dabei handelt es sich um die Methode der „Erinnerungsfragen zur Selbstfürsorge“ . Stellen Sie sich Fragen zur Selbstfürsorge zusammen und notieren Sie diese auf einem Blatt Papier. Dieses Papier können Sie an Ihrem PC, Spiegel oder an Ihrer Bürotür anbringen. Auf diese Weise werden Sie täglich daran erinnert, ob Sie z.B. „Heute schon eine Pause gemacht haben?“. Abbildung 1 zeigt einen Gestaltungsvorschlag für die Erinnerungsfragen zur Selbstfürsorge. 

Tun Sie Ihrem „Stressorgan“ etwas Gutes

Neben den Erinnerungsfragen zur Selbstfürsorge können Sie auch Ihrem „Stressorgan“ etwas Gutes tun. Was meine ich mit dem Begriff „Stressorgan“? Das „Stressorgan“ kann ein Organ oder Teil Ihres Körpers sein. Es sendet Ihnen Signale, wie z.B. Schmerzen, wenn Sie gestresst sind. Bitte denken sie einmal gezielt an eine Situation in der letzten Zeit bei der Arbeit, in der Sie sich sehr belastet fühlten. Wo in Ihrem Körper hat sich Ihre Anspannung am ehesten bemerkbar gemacht? Hatten Sie Magenschmerzen? Oder traten die Schmerzen im Kopf, Nacken, Rücken oder in den Augen und Ohren auf? Fest steht, dass Ihr persönliches „Stressorgan“ in belastenden Situationen wiederholt zu „leiden“ hat. Wie gefällt Ihnen die Vorstellung, Ihr „Stressorgan“ dafür zu „entschädigen“? Wenn sich Ihr Stress z.B. in Form von Kopfschmerzen bemerkbar macht, wäre es doch schön, wenn Sie Ihrem Kopf eine Kopfmassage zukommen lassen. Ist Ihr „Stressorgan“ der Rücken, so könnten Sie ihm beispielsweise eine Klangmassage oder ein entspanntes Bad zur Erholung schenken.

Fazit

Phasen des Arbeitsengagements sollten durch Erholungspausen regelmäßig abgelöst werden. Erholung und ein gesundes Zeitmanagement sind extrem wichtig geworden, weil die zunehmenden Leistungserwartungen die Kita-Leitungen immer stärker belasten. „Um dauerhaft in einem guten Gleichgewicht zu leben“, ist es laut Schönberger (2014) daher wichtig, „aus dem selbstausbeutenden Modus auszusteigen und Selbstfürsorge zu lernen“ (S. 26).

Literatur

Ernst, H. (2013): Bundesstressrepublik Deutschland. Psychologie Heute, 40(4), 3.

Greine, R. (2008): Stress war gestern. Mehr Gelassenheit im Kita-Alltag. Mannheim: Cornelsen Verlag.

Nuber, U. (2013): Öfter mal nein sagen! Psychologie Heute compact, 33, 38 – 40.

Roming, A. (2013): Stress bewältigen, mit dem Tiger tanzen. Psychologie Heute, 40(4), 20 – 27.

Schneewind, J./Böhmer, N./Granzow, M./Lattner, K. (2012): Abschlussbericht des Forschungsprojektes „Studie zur Kompetenz und Zufriedenheit von Erzieherinnen in Niedersachsen“. Projekt der Forschungsstelle: Professionalisierung frühpädagogischer Fachkräfte an der Hochschule Osnabrück (Projektlaufzeit: 09/2010 – 10/2012). Gefördert durch das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur im Rahmen des Niedersächsischen Instituts für frühkindliche Bildung und Entwicklung (nifbe). Osnabrück.

Schneewind, J./Föhring, A./Chiles, E. (2011): Gefühl, Stress und psychische Gesundheit – Persönlichkeitsbildung von Erzieherinnen. In J. Schneewind (Hrsg.)/P. Büchter/A. Föhring/T. Landowsky/R. Schoch/E.-M. Schröder/M. R. von Scheurl-Defersdorf: Persönlichkeit stärken – gesund bleiben. Kraft tanken im Erzieherinnen-Alltag (S. 13 – 72). Köln: Bildungsverlag EINS.

Schönberger, B. (2014): Erholung: Die Kunst, neue Kräfte zu sammeln. Psychologie Heute, 41(8), 20 – 26.