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Lebensmittelhygiene – Pädagogischer Anspruch und rechtliche Anforderungen

12.00 Uhr – Mittagszeit – Essensausgabe in der Kita. Ein köstlicher Geruch weht durch die Einrichtung und 50 Kinder freuen sich auf leckeres Essen. Bis dahin müssen das hauswirtschaftliche Personal oder der Caterer schon einiges geleistet haben. Was häufig übersehen wird: Wenn in einer Kita Essen angeboten wird, handelt es sich um eine Gemeinschaftsverpflegung, für die die Vorschriften des Lebensmittelrechts gelten!

Auf Hygiene achten © Oksana Kuzmina / Adobe Stock

Auf Hygiene achten © Oksana Kuzmina / Adobe Stock

Für eine gute Lebensmittelhygiene in der Kita gibt es viele Gründe: Kinder, vor allem die U3-Kinder, gehören zu den besonders empfindlichen Zielgruppen. Gerade die ganz Kleinen haben ein Immunsystem, das noch viel lernen muss. So wie sie zu Beginn alle Erkältungskrankheiten mitnehmen, sind sie auch gegenüber Magen-Darm-Erkrankungen besonders empfindlich. Diese gehen häufig mit dem Risiko eines hohen Wasserverlustes einher, den kleine Kinder noch deutlich schlechter kompensieren können als Erwachsene.

Ist der säuerliche Geschmack einer Speise normal oder ein Anzeichen für Verderb? Kinder haben häufig keine Erfahrungen mit Lebensmitteln und können gerade beim ersten Probieren noch gar nicht beurteilen, ob die Speise so schmeckt, wie sie eigentlich schmecken sollte.

Dazu kommt, dass viele Menschen heute mit Produkten wie H-Milch und industriell vorgefertigten Erzeugnissen aufwachsen und nur noch geringe Kenntnisse darüber haben, wie und wann ein Lebensmittel verdirbt. Dass z.B. eine H-Milch nach dem Öffnen der Packung ihre Keimfreiheit sehr schnell verliert und dann erneut einen hervorragenden Nährboden für Keime darstellt, wissen viele nicht.

Welche Risiken gibt es im Lebensmittelbereich in der Kita?

  • Physikalische Gefahren können z.B. aus zerbrochenem Glas stammen. Gerade bei Pressglas können tausende kleinster Splitter im Raum verteilt und damit natürlich auch in die Lebensmittel gelangt sein, ohne dass dies mit dem bloßen Auge wahrnehmbar wäre. Wenn in der Einrichtung etwas kaputt geht, muss sichergestellt sein, dass keine Splitter in Speisen gelangt sein können. Sonst sollten die betreffenden Produkte vorsorglich entsorgt werden. Auch wenn das Lieblingsessen betroffen ist, sollten Sie hier auf der sicheren Seite bleiben und an solch einem Tag den Kindern nur etwas geben, was aus einer fest verschlossenen Packung kommt.
  • Biologische Gefahren durch Bakterien, Viren, Schimmelpilze oder Parasiten können z.B. durch unzureichend gesäuberte Lebensmittel, durch verschmutzte Bretter oder Messer, durch eine nicht ausreichende Hitzebehandlung oder Wiedererwärmung, durch das nicht Einhalten der Kühlkette oder durch infizierte Personen auftreten. Bei sogenannten »Verderbniserregern« beginnen die behafteten Lebensmittel zu säuern, zu faulen, zu gären oder zu verschimmeln. Dieses ist in der Regel leicht zu erkennen, die Lebensmittel werden dann sofort entsorgt. Problematischer ist dies bei »Krankheitserregern« wie z.B. Salmonellen. Sie sind weder sichtbar noch kann man sie schmecken oder riechen. Das Lebensmittel sieht völlig normal aus, kann aber nicht nur Bauchschmerzen, Übelkeit oder Erbrechen, sondern auch lebensbedrohliche Erkrankungen auslösen.
  • Chemische Gefahren können z.B. durch Reinigungs- und Desinfektionsmittel entstehen, die unsachgemäß angewendet werden. Wichtig ist hier, dass z.B. der Essigreiniger niemals neben dem Speiseessig steht, damit es nicht zu Verwechslungen kommt.

Wie ist die gesetzliche Grundlage?

Für die Kita sind die EU-Verordnung (EG) Nr. 852/2004 und die §§ 42, 43 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) im Bereich der Lebensmittelhygiene von besonderer Bedeutung. Gab es früher ein Gesundheitszeugnis mit lebenslanger Gültigkeit, so wird heute auf kontinuierliche Selbstverantwortung gesetzt. Mitarbeitende in der Gemeinschaftsverpflegung müssen neben einer Erstbelehrung nach IfSG, die vor Arbeitsantritt beim Gesundheitsamt absolviert werden muss, regelmäßig an Auffrischungsschulungen zum IfSG (alle 2 Jahre) und jährlich an einer Hygieneschulung zu grundlegenden Aspekten der Lebensmittelhygiene teilnehmen.

Was muss besonders beachtet werden?

Personalhygiene

Ein besonders wichtiger Punkt ist die Händehygiene. Ringe und Armschmuck sollten ebenso tabu sein wie lackierte Fingernägel. Zum Händewaschen sollte jede Kita neben Handwaschbecken mit einem Warmwasseranschluss und Seife vor allem hautschonende Desinfektionsmittel vorhalten, mit denen die Hände besonders nach dem Arbeiten mit rohen Produkten wie Fleisch und Eiern sowie nach dem Besuch der Toilette gereinigt werden. Grundsätzlich gilt das Desinfizieren von Händen als deutlich hautschonender als das Händewaschen mit Seife, da die Mittel rückfettende Substanzen beinhalten. Wichtig ist, dass die vorgeschriebene Zeit (in der Regel 30 Sekunden) zum Desinfizieren eingehalten wird, da das Mittel sonst nicht wirken kann.

Offene Wunden sind immer mit Pflastern, Fingerlingen oder Handschuhen abzudecken, damit keine Bakterien aus der Wunde in die Speisen gelangen können.

Wer in der Küche tätig ist, muss eine angemessene Kleidung tragen, die bei mind. 60° C waschbar ist und regelmäßig gewechselt wird. Das Betreten der Küche von z.B. pädagogischen Fachkräften muss mit der Küchenleitung abgesprochen und ggf. begrenzt werden. Lange Haare können (und müssen) in der Regel zusammengebunden und hochgesteckt werden. Kurze Haare können aber genauso ausfallen und in der Suppe landen. Hier sollte unter Umständen eine Kopfbedeckung getragen werden. Erkrankungen wie Durchfall oder Erbrechen müssen umgehend dem Arbeitgeber gemeldet werden.

Lebensmittelhygiene

Schon beim Einkauf oder der Warenannahme ist darauf zu achten, dass z.B. Verpackungen nicht beschädigt sind, Produkte keinen Gefrierbrand aufweisen oder Gemüse bereits Faulstellen zeigt. Besondere Sorgfalt muss bei leicht verderblichen Lebensmitteln herrschen, da sie einen besonders guten Nährboden für Mikroorganismen darstellen. Als leicht verderblich gelten Fleisch, Fisch, Krebse und Weichtiere sowie Geflügelfleisch, Eier oder Milch sowie daraus hergestellte Produkte, Säuglings- und Kleinkindernahrung, Speiseeis und Speiseeishalberzeugnisse, Backwaren mit nicht durchgebackener Füllung oder Auflage sowie Feinkost-, Rohkost- und Kartoffelsalate, Marinaden, Mayonnaisen und andere emulgierte Soßen und Nahrungshefen sowie Sprossen und Keimlinge zum Rohverzehr.

Bei diesen Produkten ist es besonders wichtig, dass die Kühlkette eingehalten wird, zubereitete Speisen, die noch nicht ausgegeben werden sollen, müssen möglichst schnell heruntergekühlt werden und die zu garenden Lebensmittel fachgerecht und ausreichend erhitzt werden. Besonders riskant ist der Temperaturbereich zwischen 10 und 65° C, da sich hier Mikroorganismen am besten vermehren können. Gerade bei Produkten, die gekühlt werden müssen, ist es wichtig, dass dieser Temperaturbereich möglichst schnell durchlaufen wird. Wenn z.B. in einen frisch gekochten Pudding, der abkühlen soll, durch unsachgemäße Behandlung Keime gelangt sind, können diese sich während der Abkühlphase vermehren und werden im Laufe der weiteren Kühlung nicht abgetötet. Auch Gefrieren schadet Mikroorganismen nicht. Der Skandal um Noroviren in Tiefkühlerdbeeren hat dazu geführt, dass das BfR inzwischen für die empfindlichen Zielgruppen empfiehlt, tiefgefrorene Beerenfrüchte nur noch in vollständig durchgegarter Form zu essen. Eine Erhitzung über 65° C tötet in der Regel alle Keime sicher ab.

Grundsätzlich muss immer eine strikte Trennung in reine und unreine Bereiche erfolgen. Z.B. können noch nicht gewaschene Salate mikrobiell belastet sein und sollten nicht neben bereits verzehrfertig zubereiteten Speisen gelagert werden. Wichtig ist auch eine Trennung von gebrauchtem und frischem Geschirr. Werden hierfür in der Kita z.B. Servierwagen eingesetzt, sollte entweder nur frisches oder nur gebrauchtes Geschirr darauf stehen. Alle Produkte, die vor dem Verzehr zwischengelagert werden, müssen gut abgedeckt sein.

Küchenhygiene

Küche, Lagerräume und Arbeitsmittel sind stets sauber zu halten. Benutzte Gegenstände werden möglichst unmittelbar nach Gebrauch gereinigt. Zwischen einzelnen Arbeitsgängen sollte immer eine Zwischenreinigung mit Einmaltüchern oder frischen Lappen erfolgen. Reinigungszeiten bei der Spülmaschine müssen eingehalten werden. Kurzprogramme mit niedriger Temperatur sind nicht geeignet.

Tipp

Achten Sie darauf, dass die Mittel zur Händedesinfektion beim Verband für angewandte Hygiene (VAH) gelistet sind.

Von der Gefahrenanalyse bis zur Beherrschung kritischer Kontrollpunkte

Jede Kita muss für sich ein System auf der Basis der sogenannten HACCP-Grundsätze aufbauen (Hazard Analysis of Critical Control Points). Gemeint ist damit die Analyse, Kontrolle und Beherrschung möglicher Risiken. Jede Kita muss für sich analysieren, welchen Weg die Lebensmittel bzw. die zubereiteten Speisen von der Anlieferung bzw. dem Einkauf über die Lagerung, die Zubereitung und die Ausgabe an die Kinder bis hin zur Reinigung nehmen. Dieser Prozess wird an kritischen Stellen überwacht und die Ergebnisse mittels Checklisten dokumentiert.

Besonderheiten in der Kita

Dürfen Kinder mithelfen?

Nichts ist wichtiger, als dass Kinder lernen, wie Speisen produziert werden. Alles, was im Rahmen der Gemeinschaftsverpflegung an die Kinder abgegeben wird, darf grundsätzlich nicht gemeinsam produziert werden. Aber: Wenn beispielsweise die »Löwengruppe« im Rahmen eines pädagogischen Projektes etwas für sich zubereitet, ist dieses lebensmittelrechtlich unproblematisch. Da die Speisen dann nur in einer kleinen Gruppe verzehrt und nicht an Dritte abgegeben werden, gilt das Lebensmittelhygienerecht nicht. Trotzdem gilt natürlich auch hier: Hände gründlich waschen, Haare zusammenbinden, saubere Kleidung tragen und bei Husten, Schnupfen, Heiserkeit lieber nicht mitmachen! Außerdem sollte natürlich auch hier auf die Einhaltung der Kühlkette und die ausreichende Erhitzung von Speisen geachtet werden.

Dürfen Eltern ihrem Kind etwas mitgeben?

Wenn Kinder z.B. eine Lebensmittelallergie haben, die in der Kita-Verpflegung nicht berücksichtigt werden kann, können Eltern etwas von zuhause mitgeben. Wichtig ist, diese Speisen gut verschlossen und gekennzeichnet zu lagern und nicht gemeinsam mit den Speisen für die Gemeinschaftsverpflegung – z.B. im Backofen – zeitgleich zuzubereiten.

Fasching, Sommerfest und Halloween – dürfen Eltern etwas mitbringen?

Bei unregelmäßigen Veranstaltungen gelten die Vorgaben der EU bezüglich der Hygiene nicht. Ob die in einer Kita stattfindenden Feste als regelmäßig angesehen werden oder nicht, sollte im Zweifelsfall immer mit der zuständigen Lebensmittelüberwachung abgesprochen werden. Aber auch, wenn die EU-Vorgaben nicht anzuwenden sind, sollten immer die wichtigsten Hygienevorschriften eingehalten werden. Für die Kita ist es am einfachsten, wenn für die Eltern vorher eine Liste mit erlaubten Speisen erstellt wird. So wird von vorneherein verhindert, dass von zuhause leicht verderbliche Speisen in die Kita gebracht werden.

Neue Küche … anderes Verpflegungssystem … offene Fragen?

Nichts ist ärgerlicher, als wenn ein teurer Neubau entsteht und bei der ersten Kontrolle deutlich wird, dass wichtige Voraussetzungen für ein hygienisch einwandfreies Arbeiten nicht berücksichtigt wurden. Bei jeder Veränderung (Neubau, Umbau) ist es sinnvoll, nicht nur Architekten und Küchenplaner, die sich mit der Gemeinschaftsverpflegung auskennen, sondern auch Vertreter der örtlichen Lebensmittelüberwachung hinzuzuziehen, damit von Beginn an alle relevanten Parameter berücksichtigt werden.

Fazit

Eine gute Hygiene in der Kita ist die Garantie dafür, dass Risiken im Lebensmittelbereich gar nicht erst auftreten. Die Umsetzung ist immer Teamarbeit. Nur, wenn alle an einem Strang ziehen, ist eine dauerhaft hohe Qualität gesichert! Bei Fragen ist es sinnvoll, sich immer an die Experten der örtlichen Lebensmittelüberwachung zu wenden.