Das Kinderhaus Böblingen ist eine Einrichtung des Kinderhaus e.V., einer Initiative von Eltern, die beim IT-Unternehmen Hewlett-Packard arbeiteten und die Krippe 1989 ins Leben gerufen haben, um Beruf und Familie besser vereinbaren zu können. Die ganztags von 7.30 Uhr bis 18.00 Uhr geöffnete Einrichtung bietet Platz für zwei Gruppen mit jeweils zehn Kindern zwischen 10 Monaten und 3 Jahren.
Gute Zusammenarbeit zwischen Eltern und Krippenteam
Die Organisationsform einer Elterninitiative bringt eine enge Verbindung zwischen Krippenteam und Eltern mit sich. Wer sein Kind hier anmeldet, verpflichtet sich, insgesamt 10 Stunden pro Jahr in der Einrichtung mitzuhelfen. Außerdem sind es Mütter und Väter, die den Vereinsvorstand stellen und damit die Trägeraufgaben wahrnehmen. Es verwundert daher nicht, dass es ein Elternteil war, das die Krippen-Leitung auf die TopKita Initiative hingewiesen hat. TopKita unterstützt Kinderhäuser mit aufeinander abgestimmten Instrumenten bei der Weiterentwicklung ihrer Qualität und bietet mit seinem Kita-Bewertungsportal mehr Transparenz für Eltern.
Qualitätsentwicklungspläne erstellen – grünes Licht vom Vorstand
Judith Kohler, stellvertretende Leiterin der Einrichtung, sieht hinsichtlich der Qualitätsentwicklung einen Vorteil auf ihrer Seite: »Da wir nicht zu einem großen Träger gehören, der Vorgaben für das Qualitätsmanagement macht, haben wir die Chance, diesen Bereich weitgehend nach eigenen Vorstellungen zu gestalten. Wenn wir geplante Vorhaben fachlich gut begründen können und sie innerhalb des Budgets liegen, erhalten wir in der Regel grünes Licht vom Vorstand.« Das war auch bei der Nutzung der Qualitätsinstrumente Elternbefragung, Selbstevaluation und externes Audit der Fall. Denn die Instrumente sind wissenschaftlich fundiert und der Invest dafür bleibt überschaubar. Aufgrund einer Finanzierung durch die Stiftung Bildung und Soziales der SpardaBank Baden-Württemberg sowie durch die Unterstützung der element-i Bildungsstiftung stehen die Online-Elternbefragung sowie die Selbstbewertungsbögen allen interessierten Kindertageseinrichtungen kostenfrei zur Verfügung. Auch die Auswertungen der Befragungen sind kostenfrei. Lediglich für die Durchführung des Audits sowie für eine grafisch aufbereitete Auswertung berechnet das gemeinnützige TopKita Institut eine Gebühr.
Online-Elternbefragung umsetzen
Jährliche Elternbefragungen waren im Kinderhaus Böblingen bereits seit langem Usus, eine systematische Selbsteinschätzung und Feedback von außen durch ein Audit gab es vorher noch nicht. »Da die Bögen für Eltern, Fachkräfte und externe Prüferinnen bzw. Prüfer der gleichen Logik folgen, ist es später einfach möglich, die unterschiedlichen Ansichten zu den einzelnen Themen zu vergleichen«, erläutert Judith Kohler.
Die Elternbefragung war dann auch das erste der Instrumente, welches das Kita-Team nutzte. »Bei uns gibt es einen wöchentlichen E-Mail-Newsletter für die Eltern, in dem wir die wichtigsten Aktivitäten der Woche zusammenfassen. In diesem Wochenblatt haben wir auch die Elternbefragung angekündigt, bevor die Mütter und Väter die separate E-Mail mit dem Link zur Befragung von uns erhielten«, berichtet die Kindheitspädagogin. 13 Elternpaare beteiligten sich an der Befragung, die rund zehn Minuten ihrer Zeit in Anspruch nahm. Bei nur 20 Kindern ist das ein sehr hoher Rücklauf. Wie sich zeigte, sind die Mütter und Väter ausgesprochen zufrieden mit »ihrer« Einrichtung und vergaben im Schnitt 4,7 von fünf Sternen – ein Spitzenergebnis, über das sich das Krippen-Team sehr freute. »Das System lieferte uns direkt eine Auswertung, die wir dann im Wochenblatt an die Eltern kommunizieren konnten«, berichtet Judith Kohler.
Umfangreiche Selbstevaluation
Die Fachkräfte bearbeiteten anschließend Selbstevaluationsbögen, die deutlich umfangreicher sind, als die Umfrage, die die Eltern nutzten. Die Evaluation, die sie ebenfalls online am Computer ausfüllten, enthält einen Leitungsteil mit übergeordneten Themen, wie bspw. pädagogischer Konzeption, Elternkommunikation, Ernährung und Hygiene oder Beobachtung und Dokumentation. Die weiteren Teile befassen sich mit verschiedenen Bildungsbereichen. Jeder Bereich ist in die Sektionen Erzieher/in-Kind-Interaktion, Dokumentation und Weiterentwicklung, räumliche Gestaltung der Lernumgebung sowie pädagogische Planung untergliedert. Innerhalb dieser Kapitel finden die Fachkräfte Aussagen, die sie auf einer Fünfer-Skala von »trifft zu« über »trifft eher zu«, »teils/teils« und »trifft eher nicht zu« bis »trifft nicht zu« für sich bewerten. Eine Aussage im Bereich Erzieher/in-Kind-Interaktion lautet z.B. »Ich begleite kindliche Aktivitäten und mein eigenes Tun in meinem Bildungsbereich bewusst durch Sprache, Gestik und Mimik und rege die Kinder an, ihr Tun zu erklären und Gedanken zu äußern. Ich gehe auf Spielideen ein und lasse mich mit einbeziehen.« Wenn es um Beobachtung geht steht dort bspw. »Ich habe einen ausreichenden Überblick darüber, welche Kinder ein hohes und welche ein eher geringes Interesse für den Bildungsbereich zeigen.«
Wer bearbeitet was?
In vielen Einrichtungen sind die Fachkräfte jeweils für einen oder zwei Bildungsbereiche zuständig. In der Regel bearbeiten sie dann die Selbstevaluation für ihren eigenen Bereich oder ihre Bereiche – manchmal zusätzlich den eines Kollegen oder einer Kollegin. Manche Kita-Leitungen beschäftigen sich selbst mit den Bögen für alle Bildungsbereiche. So lassen sich auch intern Einschätzungen vergleichen.
»Da es bei uns keine Zuständigkeiten für einzelne Bildungsbereiche gibt, haben alle Fachkräfte aus unserem Team die Aussagen zu sämtlichen Bereichen bewertet«, sagt Judith Kohler. Dass sich niemand über diese umfangreiche Arbeit, die die Beschäftigten während ihrer Verfügungszeiten aber auch Zuhause erledigten, beschwerte, habe sicherlich daran gelegen, dass das Team Entscheidungen immer gemeinsam treffe. »Es hatten sich alle bewusst für dieses Vorgehen ausgesprochen und standen dahinter.«
Alltagsroutinen stark – Partizipation ausbaufähig
Beim Ausfüllen stellten die Fachkräfte fest, dass sich recht viele Aussagen eher auf die Arbeit mit größeren Kindern bezogen und sich aus ihrer Sicht schwer auf eine Krippe anwenden ließen. »Als es um das Forschen und Experimentieren oder den Umgang mit Medien ging, haben wir daher nicht so gut abgeschnitten«, sagt die stellvertretende Leiterin. »Außerdem haben wir festgestellt, dass wir unsere Aktivitäten nicht so bewusst den Bildungsbereichen zuordnen. Insgesamt schätzten wir uns in den Feldern Alltagsroutine und individuelle Betreuung als besonders stark ein. In manchen Bildungsbereichen und bei der Partizipation der Kinder sahen wir teilweise noch Luft nach oben. Unsere Bewertung ähnelte übrigens der der Eltern – wir gingen allerdings strenger mit uns um und bewerteten uns weniger überschwänglich«, lacht die Kindheitspädagogin.
Verbesserungen direkt angestoßen
Elternbefragung und Selbstevaluation brachten daher direkt eine ganze Reihe von Neuerungen ins Rollen. »Wir beschäftigten uns in der Teamsitzung mit der Frage, wem welche Themen besonders liegen und wer daher welchen Bildungsbereich übernehmen könnte und planen nun, Bildungsbereichsverantwortlichkeiten festzulegen«, erklärt Judith Kohler.
Zudem bewog die Selbstbewertung das Team dazu, die Krippeneinschätzskala KRIPS zu Rate zu ziehen, die 47 Merkmale für pädagogische Qualität speziell für Krippengruppen festlegt. Sie beruht auf der amerikanischen Infant/Toddler Environment Rating Scale und liegt inzwischen in einer revidierten und erweiterten Form vor. »Auf dieser Grundlage veränderten wir die Schlafsituation und haben nun für jedes Kind eine eigene, persönliche Schlafstelle – auch wenn nicht immer alle Kinder gleichzeitig in der Krippe sind«, erläutert Judith Kohler.
»Außerdem richten wir uns nun nach der Vorgabe, dass alle Kinder vor dem Essen ihre Hände unter fließendem Wasser waschen. Vorher nutzten wir dazu eine Waschschüssel.« Diese Veränderung sei umstritten gewesen, da sie umständlich erschien. Das Team einigte sich auf einige Testwochen. Da sich das Vorgehen in dieser Zeit zur Routine entwickelte, gab es schließlich keine Einwände mehr, es dauerhaft umzusetzen.
Sich selbst reflektieren
»Für uns war die Selbstevaluation sehr wertvoll, weil wir unsere Arbeit dadurch in ganz neuer Weise, nämlich sehr systematisch und detailliert reflektierten und diskutierten«, sagt die stellvertretende Krippen-Leiterin. »Wir haben daher bereits beschlossen, dieses Instrument ebenso wie die Elternbefragung jährlich zu nutzen.«
Externe Fachberatung begleitet durch den Tag
Mit etwas Nervosität hätten einige der Fachkräfte dem externen Audit entgegengesehen, berichtet Judith Kohler. Eine Fachberaterin aus Pforzheim sei in die Kita gekommen, habe das Team den ganzen Tag über begleitet und bei der Arbeit beobachtet. Anschließend führte sie ein Gespräch mit Krippenleiterin Isabell Barth. Zum Abschluss des Tages erhielt das Team ein mündliches Feedback während einer gemeinsamen Teamsitzung.
Das Team freute sich, als es von der externen Kollegin die Rückmeldung erhielt, dass ihr die sehr gute Interaktion mit den Kindern und die liebevolle und familiäre Atmosphäre in der Einrichtung ausgesprochen positiv aufgefallen seien. »Dies sind Aspekte, die uns besonders am Herzen liegen, und es war natürlich eine fantastische Bestätigung, dass es uns gelingt, sie auf höchstem pädagogischen Niveau umzusetzen«, freut sich Judith Kohler. Auch die Entwicklungsfelder sah die Fachberaterin ähnlich wie das Team und gab Tipps, wie die Fachkräfte die Bildungsthemen in den Räumen sichtbar machen und den Kindern mehr Entscheidungsmöglichkeiten geben könnten.
Fazit
Insgesamt bewertet Judith Kohler den Qualitätsentwicklungsprozess als Bereicherung für die Arbeit in der Krippe: »Es war spannend zu vergleichen, wie Eltern, wir selbst und externe Fachleute unsere Arbeit wahrnehmen. Es hat uns weitergebracht, uns dafür Zeit zu nehmen.« Wichtig findet es die Kindheitspädagogin, ein einheitliches, aufeinander abgestimmtes Instrumentarium zu haben. Um gut mit einem Verbesserungsprozess umgehen zu können, sei es wichtig, sich darauf im Team partnerschaftlich und lösungsorientiert einzulassen und Fehler als Lernchance zu sehen. »Das gelingt uns gut. Bei uns können sich alle einbringen. Wir entscheiden dann gemeinsam und ziehen an einem Strang. Das ist ein zentraler Faktor, damit hinterher nicht nur eine ›Diagnose‹ steht, sondern wir Maßnahmen vereinbaren und erfolgreich realisieren können«, fasst Judith Kohler zusammen.
Hinweis
Mehr Informationen unter: www.topkita.de