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Personalwirtschaft in Kitas – gutes Personal gewinnen, fördern und halten

Zur Bedeutung von Nachhaltigkeit und Lebensphasenorientierung – Der zunehmende Fachkräftemangel führt in vielen Kindertageseinrichtungen zu einem Balanceakt im Alltag. Das Thema der Nachhaltigkeit in der Personalwirtschaft gewinnt daher für Träger und Kita-Leitungen zunehmend an Bedeutung.

Berücksichtigen Sie, dass Teams heterogen strukturiert sind.

Berücksichtigen Sie, dass Teams heterogen strukturiert sind.

Kindertageseinrichtungen stehen bereits seit Jahren im Spannungsfeld zwischen der Bereitstellung einer guten Qualität der Angebotsgestaltung und einem zunehmenden Fachkräftemangel. Basierend auf den Berechnungen des Forschungsverbundes TU Dortmund und Deutsches Jugendinstitut (Rauschenbach et al. 2017) ist mit einem weiteren Anstieg des Fachkräftebedarfs in den kommenden Jahren zu rechnen. Demnach wird die zu erwartende Personallücke bis zum Jahr 2025 (2030) bis zu 191.000 (199.000) Erzieher/innen betragen (vgl. Weßler-Poßberg et al. 2018, S. 3 f.). Gefragt sind daher Gesamtkonzepte für Kindertageseinrichtungen, die eine kontinuierliche Erwerbstätigkeit unter Berücksichtigung der verschiedenen Phasen des Lebensverlaufs berücksichtigen und dazu beitragen, Mitarbeiter/innen erfolgreich zu gewinnen und vor allem zu binden. Mit dem Blick auf Nachhaltigkeit und Lebensphasenorientierung werden in diesem Beitrag die Handlungsfelder Entwicklung des Personalbestandes, Personal- und Teamführung, Work-Life-Balance und Management von Zeitressourcen sowie die Berücksichtig digitaler Instrumente betrachtet.

Projekt »Kontinuierliche Erwerbstätigkeit in der Kindertagesbetreuung«

Im Mittelpunkt des Projektes »Kontinuierliche Erwerbstätigkeit in der Kindertagesbetreuung« (Klaudy et al. 2016) stand die Frage, wie nachhaltige personalwirtschaftliche Konzepte in Kindertageseinrichtungen zur Förderung einer kontinuierlichen Erwerbstätigkeit der beschäftigten Mitarbeiter/innen ausgestaltet sein müssen, um den Anforderungen in unterschiedlichen Lebensphasen der Beschäftigen gerecht zu werden. Ausgehend von dieser Fragestellung wurden Rahmenbedingungen in der Kindertagesbetreuung analysiert und sowohl nach vorhandenen personalwirtschaftlichen Konzepten der Kita-Träger als auch nach Problemen, Motiven und Bedürfnissen aus Sicht der Beschäftigten gefragt. Eine kontinuierliche Erwerbstätigkeit, so die zugrunde liegende Annahme, liegt sowohl im Interesse der Träger, die qualifiziertes Personal benötigen, als auch der Mitarbeiter/innen aufgrund ihrer persönlichen Motivation und zur sozialen Absicherung. Nachhaltige personalwirtschaftliche Konzepte müssen daher die Aufgaben, Anforderungen und Entwicklungstrends im Arbeitsfeld ebenso berücksichtigen wie die Motivationsstrukturen, Wünsche und Bedarfe der Beschäftigten. Basierend auf Ergebnissen einer Trägerbefragung sowie Interviews mit Leitungskräften und Mitarbeiter/innen unterschiedlicher Lebensphasen zeigte sich, dass die Lebensphasenorientierung als zentrales Element in allen Handlungsfeldern der Personalwirtschaft zu berücksichtigen ist.

Handlungsfeld: Nachhaltige Entwicklung des Personalbestands

Eine strategische nachhaltige Personalplanung zielt über eine systematische Altersstrukturanalyse auf die Erfüllung quantitativer und qualitativer Anforderungen. Die Schaffung einer ausgewogenen Altersstruktur hilft bei Dominanz einer Altersgruppe entstehende Karrierestaus und ebenso den Verlust von Erfahrungswissen zu vermeiden, wenn viele ältere Beschäftigte zeitgleich den Ruhestand antreten (vgl. Klaudy et al. 2016, S. 74 f.). Das Erkennen und die Förderung der Potenziale von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sind wesentliche Merkmale einer nachhaltigen Personalplanung, die in Personalfördermaßnahmen mündet: Möglichkeiten zur individuellen Karriereplanung können den betrieblichen Anforderungen gerecht werden und für Mitarbeiter/innen zugleich Anreize für den Verbleib im Arbeitsfeld darstellen, um sich dort inhaltlich weiterzuentwickeln.

Maßnahmen zur kompetenzorientierten Personalförderung sollten sowohl im Hinblick auf die individuelle Karriereförderung als auch bei der Entlohnung Berücksichtigung finden. Eine leistungsorientierte Vergütung, die Sonderfunktionen einzelner Mitarbeiter/innen würdigt – z.B. Multiplikator/innentätigkeiten oder spezielle Angebote wie Aufgaben von Familienzentren oder die Erweiterung von Öffnungszeiten –, kann eine begleitendes Instrument für die Implementierung von Karrierepfaden darstellen (vgl. ebd., S. 91 ff.).

Handlungsfeld: Nachhaltige Personal- und Teamführung

Ebenso wie bei der Entwicklung des Personalbestandes ist auch bei der Personalführung und Teamentwicklung zu berücksichtigen, dass Teams heterogen strukturiert sind und eine Altersmischung wünschenswert ist. Um eine möglichst hohe Zufriedenheit der Beschäftigten zu erreichen und den Herausforderungen heterogener Teams sinnvoll zu begegnen, gilt es die Zusammenarbeit zwischen jüngeren und älteren Mitarbeiter/innen produktiv zu gestalten, um die jeweils spezifischen Kompetenzen für das Team nutzbar zu machen. Voraussetzungen dafür sind das frühzeitige Erkennen und Lösen von Konflikten und der Aufbau einer Kultur der wechselseitigen Wertschätzung. Eine derartige mitarbeiter- und lebensphasensensible Personal- und Teamführung basiert auf einem Monitoring der Zufriedenheit der Mitarbeiter/innen. Zu den wichtigen personalwirtschaftlichen Instrumenten zählen ein funktionsfähiges Beschwerdemanagement, Mitarbeitergespräche und Mitarbeiterbefragungen (vgl. ebd., S. 103 ff.).

Insbesondere bei der Gesundheitsförderung muss eine altersgerechte Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen zugleich lebensphasenbegleitend und präventiv angelegt sein. Das Gesundheitsmanagement ist damit als Führungsaufgabe zu verstehen, die eine gesundheitsschonende Arbeitsplatzgestaltung befördert und gleichermaßen Maßnahmen, z.B. Fortbildungsangebote bereitstellt, die dem Abbau von Stress und der Stärkung von Resilienz dienen (vgl. ebd., S. 99 ff.).

Handlungsfeld: Work-Life-Balance und Management von Zeitressourcen

Im Rahmen der Work-Life-Balance wird dem Arbeitszeitmanagement, also dem Umgang mit den vorhandenen Zeitressourcen, eine tragende Bedeutung zuteil. Unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Lebensphasen kann es eine weitgehende Balance zwischen den wechselnden zeitlichen Bedürfnissen der Mitarbeiter/innen und der Umsetzung betrieblicher Anforderungen herstellen. Arbeitszeitmodelle als Teile eines Gesamtkonzeptes, z.B. im Rahmen eines Qualitätsmanagements, müssen den Beschäftigten individuelle Teilzeitmöglichkeiten bereitstellen und dem Betrieb der Einrichtung eine Personaleinsatzplanung ermöglichen, die sowohl Kontinuität und Verlässlichkeit als auch ein möglichst großes Maß an Flexibilität für die Abläufe in der Einrichtung gewährleisten (vgl. ebd., S. 114 ff.). Als Instrument zur Umsetzung muss die Dienstplangestaltung so ausgerichtet sein, dass sie die Anforderungen an Flexibilität im Personaleinsatz, verlässliche Planbarkeit für die Beschäftigten und Partizipation verbindet. Einen ergänzenden Beitrag können weitere betriebliche Unterstützungsangebote für unterschiedliche familiale Lebenslagen (bspw. im Fall von pflegebedürften Angehörigen) darstellen, die zu einer Verbesserung der Work-Life-Balance im Sinne einer familienorientierten Personalpolitik beitragen und damit die Personalbindung zusätzlich fördern.

Insgesamt ist bei der Einführung und Optimierung von personalwirtschaftlichen Konzepten die dezentrale Struktur in der Kindertagesbetreuung zu beachten. So ist für die Setzung passender trägerinterner Rahmenbedingungen der Träger verantwortlich und für die Führung der Einrichtung und Umsetzung vor Ort die Einrichtungsleitung (vgl. ebd., S. 92 ff.).

Nachhaltige Personalwirtschaft mittels digitaler Instrumente

In Kindertageseinrichtungen beeinflusst die Digitalisierung neben der Arbeit mit den Kindern auch zunehmend die Arbeitsprozesse. Betroffen davon sind z.B. der Einsatz digitaler Medien in der pädagogischen Arbeit mit Kindern sowie in Informations- und Kommunikationsprozessen mit Eltern und anderen Institutionen und ebenso im Bereich der Personalbewirtschaftung. Vereinzelt werden bereits von größeren Trägern flächendeckend für ihre Einrichtungen Kita-Verwaltungsprogramme und Portale eingesetzt, die insbesondere für Einrichtungsleitungen eine enorme Arbeitserleichterung hinsichtlich der Verwaltungsaufgaben darstellen.

Wie weit die Digitalisierung in der frühen Bildung vorangeschritten ist, wird in einer aktuellen Studie aus dem Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen (UDE) dargestellt. Im Rahmen des Metavorhabens »Digitalisierung im Bildungsbereich« des BMBF (https://digi-ebf.de/) wurde im Auftrag des IAQ die Perspektive von Kita-Trägern durch das mmb-Institut (Essen) untersucht (Nieding et al. 2020). Aus Sicht der befragten Trägervertreter/innen gestaltet sich die Digitalisierung in der Kindertageseinrichtung sehr komplex und betrifft »alle und alles«. Dabei ist der Einsatz in der Administration weit verbreitet. Erleichtert wird vor allem die Verwaltungsarbeit, die auf einer Veränderung von Arbeitsprozessen durch digitale Instrumente basiert. Kritisch wurde insbesondere die medientechnische Ausstattung angesehen und als ausbaufähig bezeichnet. Während z.B. Leitungen in der Regel über einen PC bzw. Laptop verfügen, teilt sich das Team meist (nur) einen weiteren. Die WLAN-Ausstattung ist nur bei etwa der Hälfte der Befragten vorhanden und somit als unzureichend zu betrachten (vgl. Nieding et al. 2020, S. 5).

Als Auswirkung der Covid-19-Pandemie kann davon ausgegangen werden, dass auch die Entwicklung der Digitalisierung in Kindertageseinrichtungen stärker als bisher voranschreiten wird und sich dadurch sowohl weitere Anforderungen als auch Möglichkeiten für eine nachhaltige und lebensphasenorientierte Personalwirtschaft ergeben. Mit geeigneten Instrumenten könnten z.B. auch Planungs- sowie Auswertungs- und Dokumentationstätigkeiten im Homeoffice für Erzieher/innen denkbar werden. Im Rahmen des Metavorhabens »Digitalisierung im Bildungsbereich« konzipiert die Abteilung Bildung, Erziehung, Soziale Teilhabe (BEST) am IAQ ein Forschungsprojekt zur »Digitalisierung in der frühkindlichen Bildung – Strategien für die Organisationsentwicklung«. Das Ziel besteht in der Untersuchung des Einsatzes und Möglichkeiten des Umgangs von digitalisierten Arbeitsinstrumenten für z.B. zur Beobachtung, Dokumentation und Auswertung von Bildungsprozessen, der Verwaltung des Arbeitsplatzes sowie der Organisations- und Qualitätsentwicklung insgesamt.

Fazit

Zusammenfassend kann konstatiert werden, dass ein nachhaltiges und an den Lebensphasen orientiertes betriebliches Gesamtkonzept zur Schaffung von Rahmenbedingungen gefordert ist, das den Arbeitsplatz in der Kindertageseinrichtung attraktiv gestaltet, sich damit positiv auf die Personalgewinnung auswirkt und gleichzeitig zu einer langfristigen Personalbindung beiträgt. Darin sollten Möglichkeiten und Instrumente der Digitalisierung einfließen, die über eine Arbeitserleichterung wiederum positive Auswirkungen auf die Personalwirtschaft haben.

Literatur

Klaudy, E. K./Köhling, K./Micheel, B./Stöbe-Blossey, S. (2016): Nachhaltige Personalwirtschaft für Kindertageseinrichtungen. Herausforderungen und Strategien. Düsseldorf. URL: https://www.boeckler.de/pdf/p_study_hbs_336.pdf (Abruf am 12.02.2020).

Nieding, I./Blanc, B./Goertz, L. (2020): Digitalisierung in der frühen Bildung. Die Perspektive von Kita-Trägern. Duisburg. URL: https://www.iaq.uni-due.de/iaq-report/2020/report2020-04.php (Abruf am 07.04.2020).

Rauschenbach, T./Schilling, M./Meiner-Teubner, C. (2017): Plätze, Personal. Finanzen – der Kita-Ausbau geht weiter. Zukunftsszenarien zur Kindertages- und Grundschulbetreuung in Deutschland. Dortmund/München. URL: https://www.dji.de/fileadmin/user_upload/bibs2017/rauschenbach_schilling_plaetze_personal_finanzen.pdf (Abruf am 10.02.2020).

Weßler-Poßberg, D./Huschik, G./Hoch, M./Moog, S. (2018): Zukunftsszenarien – Fachkräfte in der Frühen Bildung gewinnen und binden. Berlin. URL: https://www.bmfsfj.de/blob/131412/a0c3b93fcd6de48eedeb349a3c5d6532/prognos-studie-2018-data.pdf (Abruf am 12.02.2020).