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Was die Haltung für Führungsstil und Zusammenarbeit bedeutet

In meiner Arbeit spielen Haltung und Werte eine große Rolle. Nur was ich selbst vorlebe kann ich auch als Maßstab im gegenseitigen Miteinander voraussetzen. Als Leitung ist man das Gesicht der Einrichtung. Als Leitung steht man unter ständiger Beobachtung und unter offener oder verborgener Bewertung von Mitarbeitern, Eltern und Kooperationspartnern.

Was haben Sie für eine Einstellung zu Ihrer Arbeit?

Was haben Sie für eine Einstellung zu Ihrer Arbeit?

Durch das eigene Auftreten und Handeln vertritt man unweigerlich bestimmte Wertepräferenzen. Diese setzen sich in gewisser Weise aus der eigenen inneren Haltung, gemachten Erfahrungen sowie der eigenen Grundeinstellung zusammen. Jede Führungskraft hat ihre Idee oder Vorstellung davon, wie sie ihre Einrichtung und damit auch ihre Mitarbeiter/innen führen möchte. Auf Grundlage der subjektiven Sicht auf die Leitungsaufgabe werden persönliche Schwerpunkte gesetzt. Ziele werden ins Auge gefasst, eigene Erwägungen angestellt. Das Führungsverhalten wird dem Streben nach einem selbstgewählten Ideal untergeordnet. Dieser Prozess beinhaltet ein erhöhtes Maß an Selbstreflexion und eigenem Rollenverständnis. Die inhärenten Fragen lauten: »Welchen Typ möchte ich in meiner Rolle als Führungskraft verkörpern?« und »Wie möchte ich in dieser Rolle von meinem Arbeitsumfeld, insbesondere meinen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen wahrgenommen werden?«. Aus dieser Abwägung entsteht eine Art innerer Fahrplan für die Leitungsaufgabe.

Wertschätzung als Grundhaltung

Als Leitung liegt mir eine wertschätzende Grundhaltung sehr am Herzen. Hierbei geht es nicht im Geringsten um einen Kuschelkurs oder Streicheinheiten. Ziel ist es nicht den/die Mitarbeiter/in zu verbiegen oder zu verführen, um sie/ihn in eine emotionale Abhängigkeit zu bringen. Sondern es gilt vielmehr, nach der Maxime zu handeln: Vorbild dringt tiefer als Worte. Nur wenn ich eine wertschätzende und werteorientierte Haltung vorlebe, wird sich diese im Team ebenfalls entwickeln können. Dazu zählt neben dem eigenen Handeln vor allem ein wertschätzender Umgangston. Wertschätzung ist keinesfalls ein manipulatives Werkzeug, sondern eine elementare Grundhaltung.

Aus ihr erwachsenen viele weitere führungsrelevante Attribute wie Respekt, Verständnis, Anerkennung und Dankbarkeit. Gerade Letztere ist eine Eigenschaft, die nicht selten außer Acht gelassen wird. Dabei ist sie der Schlüssel für ein affirmatives Betriebsklima. Dankbarkeit und Wertschätzung habe ich deshalb als Kernwerte in meinen Führungsstil implementiert. Indem ich meinen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen in deren Lebenswirklichkeit begegne und gezielte Anerkennung gebe, vermittle ich ihnen das Gefühl, dass sie gesehen und wahrgenommen werden. In meinen Augen muss eine Leitung vorwärts gewandt und ressourcenorientiert arbeiten sowie unbedingten Optimismus ausstrahlen. Dabei hat sie nicht zuerst sich, sondern ihr Team, ihre Mitarbeiter/innen im Blick. Sie denkt in Beziehungen statt in Prozessen und appelliert an die Verantwortlichkeit aller Beteiligten, ohne einen Schuldigen ausfindig machen zu wollen. Sie handelt lösungsorientiert und zielgerichtet, anstatt auf das Problem zu sehen.

Sie ist präsent, hört aktiv zu, gibt Feedback und baut Beziehungen auf. Durch Struktur, Verbindlichkeit, Leidenschaft und eine klare Sprache strahlt sie eine starke Persönlichkeit aus, bei der alle Fäden zusammenlaufen. Wir alle kennen den Spruch »Der Fisch stinkt vom Kopf her«. Die Redewendung macht – übertragen auf die Kita – deutlich, welchen immensen Einfluss die Leitung auf die Atmosphäre in ihrer Kita hat. Als Führungskraft kann sie sich nicht hinter eine blickdichte Maske verkriechen. Zwar muss sie in ihrer Rolle professionell sein und trotzdem authentisch bleiben. Beides steht für mich aber in keinem Widerspruch zueinander. Im Gegenteil: Gerade die Funktion als Leitung bedeutet eine Vorbildrolle, in der sie sich kongruent zeigen muss, um glaubwürdig zu bleiben. Leitungskräfte, die ihre Haltung und ihre Fähigkeiten nicht überzeugend in ihrem Verhalten zum Ausdruck bringen können, werden das Vertrauen ihrer Mitarbeiter/innen eher nicht gewinnen (Strehmel/Ulber 2017).

Leiten ist ein Prozess, der uns immer wieder an die Schwelle einer neuen Stufe bringt, die es zu erklimmen gilt. Man darf als Leitung nie den Anspruch haben, »Everybody’s Darling« zu sein. Statt zu versuchen, den Nimbus der/des Unfehlbaren zu verkörpern, sollte man lieber versuchen eine wohlwollende Fehlerkultur zu etablieren und diese aktiv vorzuleben. Nur da, wo mit Fehlern offen umgegangen wird, werden sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter etwas zutrauen, sich neuen Herausforderungen stellen und angstfrei arbeiten.

Leitung als sozialer Architekt

Die Leitung nimmt nicht nur die Fachlichkeit der Mitarbeiter/innen in den Blick, sondern auch deren personale Kompetenzen rücken in ihren Fokus.

Fähigkeit und Fachlichkeit bilden eine Symbiose, auf deren Grundlage ein soziales Gebilde entsteht. Die Leitung legt als »sozialer Architekt« die Grundlage für einen gemeinsamen, konsensfähigen Wertekanon. Dieser allgemeine Wertekanon unterliegt stark der eigenen Haltung, den eigenen Überzeugungen und dem individuellen Menschenbild jeder Leitung. Das Selbstbild, das eine Leitung von sich besitzt, prägt ihren Führungsstil, was wiederum Einfluss auf ihre Mitarbeiter/innen und das Arbeitsergebnis nimmt. Die eigene Haltung wird sinnbildlich von einem Dreieck aus Kompetenz, Gestaltungsmacht und Wirksamkeit eingefasst. Aus diesem Spannungsfeld formt sich schließlich ein individueller Führungsstil.

Leitungskräfte, die Vertrauen ausstrahlen und schenken, zeigen demnach eine Haltung, die durch Wertschätzung, Ehrlichkeit, Verlässlichkeit, Loyalität, Fairness, Mut und Neugierde geprägt ist. Sie haben die Fähigkeit, ihre Expertise einzubringen, das heißt ihr Fachwissen und ihre Erfahrung zu vermitteln und wirksam umzusetzen. Gleichzeitig brauchen Sie den Überblick über die Abläufe in ihrer Einrichtung und behalten das »Big Picture« – die Vorstellung über die Zusammenarbeit und die Vision zur Weiterentwicklung der Kita – im Blick (vgl. Strehmel/Ulber 2017).

Darüber hinaus sollte eine Leitung nachvollziehbar und transparent handeln.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Mitarbeiter/innen gerne nachvollziehen wollen, wie es zu einzelnen Entscheidungen auf Leitungsebene gekommen ist. Da, wo das Team in Entscheidungsprozesse involviert wird und mit an Lösungsstrategien arbeiten darf, wird es wesentlich weniger Widerstand üben. Im Gegenteil: Es wird selbst bei kontroversen Entscheidungen das Ergebnis bereitwilliger mittragen, weil es einen Anteil daran hat. Weitere Säulen einer tragfähigen Leitung sind Ehrlichkeit und Verlässlichkeit. Ich muss meinen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen keinesfalls alles erzählen oder sie in alle Leitungsthemen involvieren, aber ich darf sie nicht belügen. Mitarbeiter/innen möchten Klarheit und keine Halbwahrheiten. Sie möchten geführt aber nicht betrogen werden.

Fazit

Ich orientiere mich in meiner Arbeit an folgendem Leitsatz: Liebe, was du tust und tu, was du liebst. Menschen spüren den Unterschied zwischen Pflichterfüllung und aufrichtiger Liebe zu dem, was man tut. Dass mir in meiner Arbeit als Leitung täglich Herausforderungen begegnen, liegt in der Natur der Sache. Eine Leitung hat mir einmal folgenden Rat gegeben: »Wenn Sie am Ende eines Arbeitstages keinen Fehler gemacht haben, von allen gelobt wurden, nichts liegen geblieben ist und es mit keinem Ärger gab – dann kündigen Sie auf der Stelle, denn mehr können Sie dort nicht erreichen!« Mit anderen Worten: Diesen Tag wird es nie geben. Am Ende bestimmen die eigene Haltung und Einstellung das Ergebnis und nicht die Methode. Sich von dem Anspruch des Perfekten zu lösen, schenkt unheimlich viel Freiheit.

Literatur

Strehmel, P./Ulber, D. (2017): Kitas leiten und entwickeln. Ein Lehrbuch zum Kita-Management. Kohlhammer.