Funktionsräume sind Bildungsräume, in denen ausschließlich ein Thema durch vielfältige Materialien angeboten wird.
Das klassische Beispiel ist der Funktionsbereich Konstruktion. Hier finden sich alle Materialien, mit denen die Kinder bauen und konstruieren können. Dazu gehören Lego, Duplo, Bauklötze, Eisen- und Autobahnen, Fischertechnik, Magformers, Flexisticks, Magnetmaterialien und vieles mehr.
In diesem Bereich wird häufig eine Lernwerkstatt angeboten, welche die Themen Messen, Vergleichen, Zahlen und Maßeinheiten, Gewicht, Größen, Höhen und Tiefen, Ordnung und Chaos, Raum – Lage – Beziehung, Wahrscheinlichkeiten, unterschiedliche Strukturen, Zeit und Logik adressiert.
Ich empfehle, den Raum durch weitere Materialien themenbezogen aufzuwerten, sodass möglichst viele Bildungsbereiche in jedem Funktionsraum vorkommen. So entsteht im Konstruktionszimmer zum Beispiel ein Architekturbüro, in dem auf Millimeterpapier, das auf einem Zeichenbrett klemmt, Zeichnungen für zukünftige Bauten entstehen können, oder wo der »Architekt« mit den »Bauleuten« ein Beratungsgespräch führen kann. Eine Staffelei, Holzstifte, Lineal, Zirkel, Lot, Geodreieck, Meterstab, Maßbänder, Telefon, Baukataloge, Zeichenpapier, Exceltabellen für die Buchhaltung in Ordnern, Ordner mit alten Bauzeichnungen und Kopien vom Grundriss der Kita, Taschenrechner, Computer mit Corel Draw oder ähnliches runden die Materialien ab. Von Zeit zu Zeit wird das Architekturbüro durch einen Baustoffhandel ersetzt.
Um die anderen Bildungsbereiche anzubieten gibt es Bücher über Bauwerke, die Produktion von Autos, Brücken und Schiffen. Puzzles im Raum handeln von Baufahrzeugen und bei den Tischspielen können die Kinder z.B. kooperativ die Baustelle ordnen.
An den Wänden sind in Kinderhöhe Wechselrahmen angebracht, in denen an den Themen der Kinder orientierte Bilder hängen. Das können mal große Werke wie Kirchen, Münster, Kathedralen sein, oder Brücken, Häuser, Flugzeuge und U-Boote. Ein Flaschenzug, eine Leiter, Tische als Ebenen in unterschiedlichen Höhen oder auch mal umgedreht, laden zu Kooperationen und zu Gesprächen unter den Kindern ein.
Regeln für die Raumgestaltung
Wenn Sie nun Lust bekommen haben, einen solchen Funktionsraum zu gestalten, dann ist es wichtig einige wenige Regeln für die Raumgestaltung zu beachten:
Um dem Raum eine ruhige Atmosphäre zu geben, werden die Farben begrenzt, dafür sind Portfolios einheitlich in ihrer Grundfarbe gestaltet und die Materialkisten durchsichtig mit einem Foto bestückt, das zeigt, was in der Kiste ist. Die Konstruktionsmaterialien werden nach Farben und nicht nach Größen geordnet.
Außerdem braucht es freie Flächen, auf denen sich die Augen ausruhen können, ohne gleich wieder einen Reiz zu bekommen. Auch Deckendekorationen lösen Reize und Reflexe aus und bringen die Kinder aus ihrer Konzentration. Wichtig ist, dass die Räume von den pädagogischen Fachkräften jeden Morgen vorbereitet werden (Stifte spitzen, Materialien bereitlegen usw.). Ergänzt wird diese Raumvorbereitung durch das Bereitstellen weiterer Materialien, die sich aus der systematischen Beobachtung am Vortag ergeben haben.
Damit die Kinder sich selbständig in den Funktionsräumen bewegen können, braucht es eine Zeitspanne von mindesten 2 Stunden (mit Frühstückszeit 2,5 Stunden), in der sich die Kinder in der selbstgestalteten Bildungszeit (früher Freispiel) frei und ohne zu fragen in den Funktionsbereichen aufhalten können.
Hilfreich ist es, wenn es im eigenen Gruppenraum eine Magnetwand oder ähnliches gibt, an der sich die Kinder umstecken können, wenn sie in die Kita kommen, den Raum wechseln und wieder aus der Kita nach Hause gehen. So haben die pädagogischen Fachkräfte immer einen Überblick, wo die Kinder sich aufhalten. Meine Erfahrung ist, dass Kinder sehr gerne dieses System nutzen, weil sie selbst sehen können, wo die anderen Kinder und ihre pädagogischen Fachkräfte sind.
Tipp
Kinder, die erleben, dass nicht nur ihr Material zu ihrem momentanen Thema aufbereitet ist, sondern sehen, dass die pädagogischen Fachkräfte Materialien, Bücher usw. ergänzt haben, wissen, dass die Erwachsenen das eigene Tun für wertvoll erachten und es unterstützen.
Begleitung durch pädagogische Fachkräfte
In den Funktionsräumen werden die Kinder in der Regel von einer pädagogischen Fachkraft begleitet. Das heißt, die Fachkraft beobachtet genau und versucht sehr detailliert herauszubekommen, was die konkreten Themen der Kinder sind, um Impulsfragen zu stellen und das Material bildungsanregend zu erweitern. Sie unterstützt die Kinder, wenn ihre Hilfe benötigt wird und lässt zu, dass Kinder »Fehler« machen und nicht auf dem direkten Wege zu einem gewünschten Ergebnis kommen. Denn Umwege erhöhen die Ortskenntnisse und aus Fehlern werden wir alle klug.
Das Material im Raum ist das Arbeitsmaterial der Kinder und so wird dieses möglichst offen angeboten, damit die Kinder es sehen (z.B. Schränke ohne Türen) und sie nicht fragen müssen.
Die Arbeit in den Funktionsräumen gibt dem Team die Möglichkeit, ein Kompetenzteam zu werden. Am Anfang der funktionsraumorientierten Arbeit haben einzelne Mitarbeitende oft Sorge, dass ihnen der Raum mit seinem Thema auf Dauer langweilig wird. Meine Erfahrung ist, dass viele pädagogische Fachkräfte Lust bekommen, gerade in ihrem Bereich mehr Fortbildungen zu machen und sich nach und nach zum Spezialisten oder zur Spezialistin auszubilden.
Um die Kreativität weiter anzuregen finden Sie im Folgenden noch Ideen für zwei weitere Funktionsbereiche, die häufig nicht als solche wahrgenommen werden.
Der Essbereich/das Bistro als Funktionsraum
Das Bistro ist ein Raum, in dem Kinder eingeladen werden, sich zu entspannen und ihrem Körper Gutes zu tun. Dementsprechend wird er gemütlich eingerichtet und in warmen Tönen gestaltet.
Die pädagogischen Fachkräfte achten außerdem auf eine angenehme Raumtemperatur, und auf ausreichend Lichtquellen.
Beim Essen lernen Kinder, ihrem Körper etwas Gutes zu tun und ihre Gesundheit über ausreichend Essen und Trinken zu fördern, das Satt-sein zu spüren und nach und nach zu entdecken, was ihnen schmeckt und was nicht. Das geht vor allem, wenn Kindern erlaubt ist, selbst zu schöpfen und selbstbestimmt zu essen, also das, was sie wollen, nicht mehr und nicht weniger, auch keinen »Probierhappen«.
So ist es für Kinder am besten, wenn es in der Kita ein Frühstücksbüffet gibt und die Kinder selbst ihr Essen zubereiten und die Getränke auswählen. Wenn dies nicht geht, ermuntern Sie die Eltern, den Kindern keine fertigen Brote mitzugeben, sondern das Essen so zusammenzustellen, dass die Kinder – auch in der Krippe – ihre Brote selbst schmieren können.
Bei jeder Mahlzeit haben die Kinder die Gelegenheit, ein »Sprachbad« zu nehmen. Unterstützen können Sie dies, indem z.B. Bilder in Wechselrahmen an der Wand hängen, welche die Familien der Kinder zeigen, oder den letzten gemeinsamen Ausflug dokumentieren. Auch die Fotos, die gemacht worden sind, als alle gemeinsam die Planschbecken aufgeblasen und sie mit Wasser gefüllt haben, können hier hängen. Eine kleine Wanne mit Wasser und Lappen oder kleine Teekannen zum Selbsteinschenken fördern die Selbständigkeit und helfen, die Verantwortung für den eigenen Essensplatz zu übernehmen.
Für Kinder, die Lust haben, stehen Tischdecken, Servietten, Kerzen und Blumen bereit, um sich den eigenen Tisch festlich oder jahreszeitlich zu gestalten. Zur Unterstützung liegen Bücher bereit, in denen es Ideen für die Tischdekoration gibt und auch Falttechniken für Servietten angeleitet werden.
Weitere Bücher handeln von Ernährung und Essen, erklären die Verdauung, zeigen den Magen, den Mund und wie es kommt, dass wir verschiedene Geschmacksrichtungen unterscheiden können.
Die Lernwerkstatt kann mit wechselnden Themen bestückt werden. Dort geht es mal um die Gesundheit oder darum, was gesundes Essen ist, was der eigene Körper braucht und wie er funktioniert, wie Zähne gut gepflegt werden und auch das Thema Hygiene kann vorkommen.
Ein Buch, in dem die Kinder malen und schreiben können, was ihnen gut geschmeckt oder Freude im Bistro bereitet hat, und Wunschlisten für das Büffet oder das Mittagessen bieten Übungen zum Schriftspracherwerb.
Tipp
Das Online-Seminar bei KiTa-aktuell.de »Gestaltungsmöglichkeiten von Funktionsräumen und Lernwerkstätten in der Kita« gibt weitere Tipps und Hinweise, wie Funktionsräume kreativ gestaltet werden können: https://www.kita-aktuell.de/online-seminare
Der Kita-Garten
Der Garten ist ein wichtiger Bildungsbereich und kann auch als Funktionsraum genutzt werden. Dazu steht er den Kindern in der selbstgestalteten Bildungszeit immer offen.
Viele Kitas haben in den letzten Jahren ihre Gärten umgestaltet und verfügen nun über ein gutes Angebot, um Kindern Bewegungsmöglichkeiten und den Umgang mit Wasser und Sand anzubieten. Ein Funktionsraum wird der Garten, wenn nun weitere Möglichkeiten zum Forschen und Experimentieren bereitgestellt werden.
In vielen Einrichtungen haben die Kinder Fahrzeuge, mit denen sie Experimentieren und sich bewegen können, sie brauchen auch Fahrzeuge mit denen sie Material transportieren können.
Naturmaterialien eignen sich nicht nur zum Bauen, sondern es fördert die Kooperation und die Sprachentwicklung der Kinder, wenn z.B. Baumstämme nur zu dritt oder mit mehreren Kindern getragen werden können, weil sie schwer sind.
Um differenziertes Bauen für Gebäude, Brücken oder Klettermöglichkeiten zu schaffen, braucht es zudem noch Holzbretter – dick und dünn –, Steine, Stöcke und Stäbe, die stabil sind, Reifen und selbstverständlich Bauhelme, Schutzhosen Schaufeln und so weiter.
Für die Naturforschungen stehen den Kindern genügend Materialien zur freien Verfügung – also Lupen, Lupengläser, Gläser mit Schraubdeckel, Ferngläser, Töpfe, Mörser, Haushaltsiebe, Kochlöffel, Schneebesen, Kescher, Gartenwerkzeug und Bücher, um herauszufinden welche Pflanzen und Tiere im Kita-Garten leben.
Schön ist es, wenn ein kleiner Kräuter- und Teegarten angepflanzt wird, von dem die Kinder Kräuter und Tee für ihr direktes Spiel verwenden können. Als Lernwerkstatt können im Laufe des Jahres die Pflanzen getrocknet, gemörsert und für den Winter in Gläser sortiert werden. Diese Lernwerkstatt kann sowohl im Garten als auch im Bistro angeboten werden.
Zudem bieten Obstbäume oder Büsche den Kindern vielfältige Möglichkeiten, Erfahrungen zu machen und Fertigkeiten zu lernen.
Um auch kreatives und künstlerisches Tun im Garten zu ermöglichen gibt es Staffeleien, unterschiedliches Papier, grobe Pinsel und Kleister. Die Farben werden aus Natur- und Pflanzenstoffen selbst hergestellt.
Eine gut ausgestattete Werkbank, sowie klassisches Werkzeug, Nägel, Holz in großen und kleinen Stücken, Gartenhandschuhe, Arbeitshandschuhe sowie kleine und große Schubkarren ermöglichen ein ausgedehntes Werkeln.
Im Garten kann es einen Essensbereich geben, der mit kleinen Angeboten den Kindern Reize bietet, sich mit den Themen rund um das Essen zu beschäftigen.
Nach und nach kann ein Naschlagewerk mit den Kindern erarbeitet werden, was im Garten wächst und was gegessen werden darf und welche Tiere im Kita-Garten schon gesehen worden sind, wie diese leben und was sie brauchen.
Weitere Möglichkeiten zum Experimentieren bieten die Feuerstelle, die Materialgläser, in denen Schneckenhäuser, Steine, Murmeln, Muscheln etc. gesammelt werden, und selbstgestaltete Bildtafeln, auf denen Steine, Schneckenhäuser etc. fotografiert sind und die Gegenstände dem Foto zugeordnet werden.
Im Ruhebereich gibt es Hängematten und Hängestühle, Liegestühle, diverse Kissen, Matten und Decken, um sich auf den Boden zu legen und sich zuzudecken.