Was passiert im Inneren des Körpers, wenn der Magen knurrt? Was braucht man, um ein richtig gutes Katapult zu bauen? Können Störche auch in Deutschland überwintern? Kinder bringen von Anfang an Forschergeist mit, sie wollen die Welt und ihre Phänomene entdecken. Sie staunen und wundern sich, sie machen rätselhafte Beobachtungen und wollen den Dingen auf den Grund gehen. Glücklicherweise stehen ihnen überall in Deutschland kompetente Erzieher/innen in der Kita bei ihrer Entdeckungsreise zu Seite. Sie bieten den Mädchen und Jungen Gelegenheiten, ihrer Neugier nachzugehen und ihren Forschergeist zu entfalten.
Der »Forschergeist«-Wettbewerb rückt die wichtige Arbeit der Kita-Fachkräfte in den Fokus und würdigt die qualitativ hochwertige Bildungsarbeit von Erzieherinnen und Erziehern in der frühen MINT-Bildung. Ziel des Wettbewerbs ist es, gelebte Qualität in der Kita sichtbar zu machen und zu honorieren. Die prämierten Projekte werden dokumentiert und veröffentlicht, damit sie als gute Beispiele auch andere Fachkräfte für das Forschen und Entdecken inspirieren und Lust auf eigene Forschungsprojekte machen. Durch die intensive Auseinandersetzung mit dem Projekt und der eigenen Arbeit unterstützt der Wettbewerb außerdem die pädagogischen Fachkräfte in ihrer Qualitätsentwicklung.
Selbstevaluation und Qualitätsentwicklung
Viele Erzieher/innen leisten jeden Tag qualitativ hochwertige Arbeit, sind sich aber oftmals gar nicht darüber bewusst. Wenn der »Forschergeist 2018« Qualität in der frühen MINT-Bildung sichtbar machen möchte, so meint das einerseits die Sichtbarkeit nach außen, andererseits das Erfassen eigener Kompetenzen bei den pädagogischen Fachkräften.
Die eigene Arbeit einschätzen zu können und Entwicklungspotential zu erkennen, ist Teil der kontinuierlichen Weiter- und Selbstbildung der pädagogischen Fachkräfte. Insbesondere in sich stetig wandelnden Zeiten ist diese Weiterbildung ein entscheidender Faktor für die Qualitätsentwicklung und -sicherung der gesamten Einrichtung.
Um am »Forschergeist 2018« teilzunehmen, mussten die Bewerberinnen und Bewerber einen detaillierten Fragebogen ausfüllen, der sich am wissenschaftlich fundierten Zertifizierungsverfahren des »Hauses der kleinen Forscher« anlehnt. Obwohl manche Erzieher/innen erst einmal überrascht vom Umfang des Fragebogens waren, gaben sie später an, dass sie den Reflexionsprozess, der während der Beantwortung einsetzte, sehr schätzten. Sie beschrieben ihre Rolle als Lernbegleitung während der Forschungsaktivität, wie sie die Kinder im Forschungsprozess unterstützten, wie sie die Forschungsaktivität mit den anderen Bildungsbereichen verzahnt haben und wie es ihnen gelang, Bildungs- und Kooperationspartner einzubinden. Viele pädagogischen Fachkräfte berichteten, dass sie den Fragebogen auch als Leitfaden nutzten, um ihr Forschungsprojekt zu organisieren und zu strukturieren.
Projektarbeit und gute Lernbegleitung
651 Bewerbungen sind beim »Forschergeist 2018« eingegangen. Egal ob Körper, Zahlen, Tiere oder Wasser: Die eingesendeten Projektthemen waren sehr vielfältig und kreativ. Die hohe Resonanz bei Erzieherinnen und Erziehern aus ganz Deutschland zeigt zum wiederholten Mal, wie abwechslungsreich die Bildungsbereiche Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik in den Kita-Alltag integriert werden. Mädchen und Jungen gezielt beim Entdecken und Forschen zu unterstützen, sie als Individuen zu begleiten und sie anzuregen, sich über einen längeren Zeitraum mit einem bestimmten Thema auseinanderzusetzen, ist Aufgabe einer guten Lernbegleitung.
Die Arbeit in Projekten ist dabei eine hervorragende Möglichkeit, die forschende Grundhaltung der Kinder zu fördern. Gemeinsam mit ihren Bezugspersonen erleben sie Spaß und Freude am Entdecken und Verstehen dieser Welt. Während der Arbeit an einem gemeinsamen Projekt haben die Mädchen und Jungen viel Zeit und Raum, selbst zu bestimmen, was sie herausfinden wollen und sich in der Gruppe zu überlegen, wie sie vorgehen können, um an ihr Ziel zu kommen. Angefangen von der Planung über die Durchführung bis hin zur Präsentation der Ergebnisse: Wenn Kinder an allen Projektphasen partizipieren, hilft es ihnen, sich als kompetent und selbstwirksam in ihrem Alltag wahrzunehmen. Denn Kinder wollen mehr als bloßes Wissen, sie möchten ihre Welt aktiv mitgestalten und in ihrem Wirken ernst genommen werden.
Wenn das Bildungsangebot qualitativ hochwertig und fest im Kita-Alltag integriert ist, profitieren Kinder und Erwachsene gleichermaßen von der gemeinsamen Arbeit. Bildung ist ein sozialer Prozess: Kinder lernen im Austausch mit und von anderen, durch Anregung, durch individuelle Erkundung und durch gemeinsame Reflexion. Im Gespräch und durch gezieltes Nachfragen können die pädagogischen Fachkräfte erkennen, in welchem Entwicklungsstand sich ein Kind befindet und welche Lerngelegenheiten es ihm am besten ermöglichen, selbstständig einen Schritt weiterzugehen. Dabei gilt das Motto: Weniger erklären, mehr (hinter)fragen!
Informatische Bildung in der Kita?
Aus allen Bewerbungen hat die Jury in jedem Bundesland das überzeugendste Projekt als Landessieger prämiert. Von April bis Mai tourt das »Forschergeist«-Mobil quer durch Deutschland und bringt den Kitas ihren Preis in die Einrichtung. Die »Forschergeist«-Botschafter, hochrangige Vertreter aus den Landesregierungen und lokale Akteure aus Politik und Gesellschaft, nehmen an den Preisverleihungen teil, um die Arbeit der Erzieher/innen zu honorieren. Mit an Bord des »Forschergeist«-Mobils gibt es alles, was die Kitas für ein tolles Forscherfest brauchen, darunter eine mobile Forschungsstation. Hier können die Kinder spielerisch und mit Hilfe vieler Alltagsmaterialien spannende Themen aus Mathematik, Naturwissenschaften, Technik und auch der Informatik erforschen.
Noch immer haben zahlreiche pädagogische Fachkräfte große Vorbehalte gegenüber informatischer Bildung in der Kita oder wissen nicht, wie sie sich gemeinsam mit den Mädchen und Jungen informatischen Themen annähern können. Da Kinder in digitalen Zeiten aufwachsen und sich informatische Systeme in vielen alltäglichen Geräten, wie Mobiltelefonen, Waschmaschinen oder Ampeln verstecken, sind auch sie Teil der kindlichen Lebenswelt. In der Hoffnung, praktische Beispiele zu finden, wie Erzieher/innen dieses spannende Feld gemeinsam mit den Kindern erkunden können, hat der »Forschergeist 2018« darum zum ersten Mal explizit nach Projekten aus dem informatischen Bereich gesucht.
Zwar wird in immer mehr eingereichten Projekten ganz selbstverständlich das Internet genutzt, um Informationen zu recherchieren, werden Digitalkameras eingesetzt, um Erfolge festzuhalten und laufen auf Laptops kurze Filme, mit denen die Kinder ihre Projektergebnisse präsentieren. Wenn man aber nachschaut, wie viele Projekte das »I« in MINT, also die informatische Bildung selbst zum Thema machen, wird deutlich, dass dieser Bereich noch in den Kinderschuhen steckt. Ein Grund mehr, Erzieherinnen und Erziehern praktische Beispiele und Möglichkeiten aufzuzeigen, wie sie gemeinsam mit den Kindern ein erstes Verständnis für die Informatik entwickeln können. So ist auch eine Forschungsidee zur Informatik Teil der mobilen Forschungsstation, die im »Forschergeist«-Mobil durch Deutschland tourt. Die Idee dahinter: Wichtige Grunderfahrungen mit Informatik kann man in jedem Alter sammeln – dafür braucht es noch nicht einmal digitale Geräte. Viele Grundlagen können die Kinder mit Papier und Stift, mit Alltagsmaterialien oder mit reinem Körpereinsatz erfahren.
Wie kommt das »Forschergeist«- Mobil in die Kita?
An der Informatik-Station können sich die Kinder mit einem der wichtigsten ungelösten Probleme der Informatik auseinandersetzen: dem »Rundreiseproblem«. Dabei versuchen die Kinder verschiedene Lösungen für einen Rundweg mit mehreren Zwischenstopps zu suchen und zu optimieren. Wie sähe die perfekte Route für das »Forschergeist«-Mobil aus, das heißt, in welcher Reihenfolge müsste das Mobil die Kitas nacheinander besuchen, damit es möglichst wenig Strecke zurücklegt und unterwegs möglichst wenig Treibstoff verbraucht? Dafür stecken die Kinder Pinnadeln in eine Pinwand, auf der eine Deutschlandkarte abgebildet ist, wobei jeder Ort, an dem sich eine Landessieger-Kita befindet, mit einem Punkt markiert ist. Die Pinnadel, die in Berlin steckt, wurde als Startpunkt festgelegt. Von dort ausgehend startete die »Forschergeist«-Tour und von hier aus sollen alle weiteren Zwischenstopps über die Schnur miteinander verbunden werden. Die Kinder versuchen, alle Punkte mit einem Wollfaden so zu verbinden, dass sie möglichst wenig Faden dafür benötigen. Schnell merken sie, dass die Möglichkeiten schier endlos sind. Die Kinder überprüfen die Strecke, die das Forschergeist-Mobil tatsächlich zurücklegt und versuchen, eine bessere Route zu finden, bei der mehr Faden übrig bleibt.
Über den Wettbewerb
Der »Forschergeist« ist ein bundesweiter Kita-Wettbewerb der »Deutschen Telekom Stiftung« und der Stiftung »Haus der kleinen Forscher«. Gesucht und prämiert werden herausragende Projekte, die Mädchen und Jungen für die Welt der Mathematik, Informatik Naturwissenschaften oder Technik (kurz »MINT«) begeistert haben. Am 6. September 2017 startete der Wettbewerb nach 2012, 2014 und 2016 zum vierten Mal. Bis zum 31. Januar 2018 konnte sich jede Kita des Landes online bewerben.
Eine Jury aus Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Praxis und Gesellschaft sichtete alle eingehenden Bewerbungen und wählte das beste Projekt aus jedem Bundesland. Jeder Landessieger erhält ein Preisgeld in Höhe von 2.000 Euro zur weiteren Förderung der Qualität in der MINT-Bildungsarbeit. Die Landessieger werden im April und Mai 2018 im Rahmen der großen »Forschergeist«-Deutschlandtour in ihrer Kita gewürdigt und qualifizieren sich zudem für den Bundessieg. Die fünf besten Projekte bundesweit werden schließlich am 6. Juni 2018 in Berlin gekürt. Sie erhalten zusätzlich 3.000 Euro.
Auf der Wettbewerbs-Website www.forschergeist-wettbewerb.de kann jeder dem »Forschergeist«-Mobil auf seiner Tour durch Deutschland online folgen. Hier gibt es aktuelle Fotos und Berichte von unterwegs, von den Preisverleihungen in den Kitas und praktische Tipps zu den Forscherstationen.
Forscheridee: Rundreisen
Benötigte Materialien:
- Wollfäden mit unterschiedlicher Farbe und Länge,
- Pinwand mit Pinnadeln oder Holzbretter mit eingeschlagenen Nägeln (ev. stabiler für die ganze Zeit, Holzperle mit dem Nagel einschlagen, dann bleiben die Kinder nicht hängen),
- bzw. Deutschlandkarte mit allen Forschergeiststationen und Matchbox-Bus.
Die Kinder probieren verschiedene Strategien aus, um Lösungen für einen Rundweg mit mehreren Zwischenstopps zu finden und zu optimieren.
Besprechen Sie mit den Kindern als Einstieg, dass so auch die Post oder die Müllabfuhr vorgehen: vom Startpunkt z.B. dem Lager aus, fahren sie los, müssen auf ihrer Route an vielen Häusern Station machen und dann wieder zum Lager zurück. Dieser Weg sollte möglichst kurz sein, muss aber an allen Häusern vorbeiführen.
Ein Nagel wird als Startpunkt festgelegt. Von dort ausgehend werden alle Zwischenstopps über eine Schnur miteinander verbunden. Das Ende der Schnur soll die Rundreise beim Startpunkt schließen.
Fordern Sie die Kinder auf, für ihr Nagelbrett mehrere unterschiedliche Wege zu finden. Wie viele Möglichkeiten entdecken sie für verschiedene Anordnungen der Route (Schnur)?
Fordern Sie die Kinder auf, den Weg zu optimieren: wann bleibt besonders viel Schnur übrig?
Hintergrund
Das »Rundreiseproblem«, auch »travelling salesman problem« genannt, gehört zu den wichtigsten ungelösten Herausforderungen in der Informatik. Nicht nur bei der Tourenplanung, auch bei vielen Produktionsprozessen spielt es in abgewandelter Form eine sehr große Rolle. Informatiker/innen suchen auch heute noch nach schnellen Verfahren, die bei Routen mit sehr vielen Zwischenstopps die kürzeste finden. Es lassen sich zwar sämtliche Optionen berechnen und miteinander vergleichen, aber mit steigender Anzahl an Zwischenstopps wird die Aufgabe so komplex, dass die Rechenzeit unglaublich lang wird. Mit jeder weiteren Situation wächst nämlich die Anzahl der möglichen Rundreisen stark an. Bereits für 15 Stationen gibt es 40 Millionen verschiedene Rundwege! Man gibt sich also in der Regel mit einer »guten« Lösung zufrieden, auch wenn nicht sicher ist, ob es sich dabei tatsächlich um die beste handelt.
Fazit
Der »Forschergeist 2018« hat deutlich gemacht: Viele Erzieherinnen und Erzieher sind äußerst engagiert und bereit, sich kontinuierlich weiterzuentwickeln. Sie leisten tolle Arbeit im MINT-Bereich und strahlen darüber hinaus eine große Empathie für ihre Kinder aus. Auch wenn sie nicht zu den Siegern des »Forschergeist 2018« gehören, sind sie mit Herzblut dabei und haben gemeinsam mit den Kindern ein wunderbares Projekt umgesetzt und das macht sie alle zu Gewinnern!